Schon vor dem Wahltag in den USA hatten führende Republikaner diese Präsidentschaftswahl abgeschrieben. Ihr Kandidat hatte keine Chance mehr, die erwartete Niederlage gegen den dynamischen, Wandel versprechenden Barack Obama noch umzudrehen. Nach dem ersten Schock hat jetzt die Verarbeitung in der "Grand Old Party", der "großartigen alten Partei", begonnen. Und die Suche nach den Schuldigen. Diese hat bereits die Dimensionen einer Schlammschlacht angenommen.

Abrechnung mit Bush. Kaum jemand bestreitet, dass die Wahl eine Abrechnung mit George W. Bush war. Doch ein weiterer Sündenbock ist für viele die republikanische Anwärterin für die Vizepräsidentschaft, Sarah Palin. Im Wahlkampf war es schon zu spüren, doch jetzt wird in der Partei hemmungslos - und öffentlich - über sie gestritten. Es ist mehr als eine Indiskretion, wenn Carl Cameron, Chefkorrespondent von Fox News, zu bester Sendezeit berichtet, wie in der Partei über Palin geäzt wird.

Zweifel an Palin. Viele hätten schon vor ihrer Kür an ihrem Wissen gezweifelt. So habe sie Afrika für ein Land gehalten, sagte Cameron. Ausfallend und ungerecht sei sie zu ihren Mitarbeitern gewesen. Die Schuld für ihre peinlichen TV-Interviews im Wahlkampf habe sie anderen zugeschoben. Es wirkt, als wollten einige in der Partei gezielt eine weitere politische Karriere Palins verhindern. Denn viele sehen in der stramm konservativen Gouverneurin aus Alaska eine Zukunftshoffnung der in ihren Grundfesten erschütterten republikanischen Partei. Und andere wollen dies um jeden Preis verhindern.

Den Anschluss verloren. Dass sich diese Gruppen nicht einig sind, wurde schon vor der Wahl bekannt: US-Medien berichteten über Spannungen zwischen McCains und Palins Teams und zwischen den beiden Kandidaten selbst. Am Schluss soll sich Palin nur noch selten mit McCain abgesprochen haben, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Vorwürfe zurückgewiesen. Palin wies die Vorwürfe als absurd zurück. Doch es bleibt das Bild einer gespaltenen Partei, die den Anschluss an viele Wähler verloren hat. Vor allem an die jungen, die mit großer Mehrheit Obama gewählt haben. Rufe nach einer Modernisierung werden laut. Frische Namen wie jener von Bob Jindal, der Gouverneur von Louisiana sind im Gespräch.

Vordenker. Doch Vordenker der Partei warnen davor, konservative Werte aufzuweichen. Kritiker werfen das Bush vor, weil er gegen schärfere Einwanderungsgesetze war oder in der Finanzkrise auf den Staat setzte. Doch auch dem Pragmatiker McCain wurde vorgehalten, er stünde zu wenig rechts. Den Republikanern steht ein Heilungsprozess bevor und es muss schnell gehen: In zwei Jahren beginnt der nächste Wahlkampf.