Die beiden Meldungen, die Chinas offizielle Nachrichtenagentur Xinhua und der Pekinger Verein der Auslandskorrespondenten zum Abschluss der Olympischen Spiele veröffentlichten, könnten unterschiedlicher nicht sein. "Reporter entdecken das echte China", titelte das Staatsorgan in einem Bericht über internationale Olympiaberichterstatter, die dem Land attestierten "unglaublich und großartig" gewesen zu sein.

Pressefreiheit. Die Korrespondentenorganisation zog ein anderes Olympiafazit. Mehr als 30 ernste Eingriffe in die Pressefreiheit seien im vergangenen Monat registriert worden, verkündete der Verband. Zehn ausländische Reporter seien Opfer von Gewalt durch chinesische Polizisten geworden; in acht Fällen wurden Kameras zerstört, Bilder gelöscht oder Notizen beschlagnahmt.

Zwei verschiedene Olympiaden. Die Diskrepanz ist symptomatisch für Pekings Olympische Spiele. Genau genommen haben zwei verschiedene Olympiaden stattgefunden: eine für China und eine für den Rest der Welt. Aus der Perspektive der chinesischen Staatsmedien betrachtet waren die Spiele ein glänzender Erfolg: Demnach hat China mit seinen imposanten Stadien, seiner atemberaubenden Eröffnungsgala, seiner herzlichen Gastfreundschaft und seiner sportlichen Exzellenz das Herz der Weltöffentlichkeit erobert. Die Führung in der Goldmedaillenstatistik wird den Chinesen als Beweis dafür präsentiert, dass ihr Land auch in anderer Hinsicht wieder an der Weltspitze steht, dank Führung durch die Kommunistische Partei, versteht sich.

Alle Erwartungen erfüllt. In der internationalen Presse fand allerdings ein anderes Olympia statt: ein Sportfest, das überschattet war von Debatten über Chinas Menschenrechtssituation, Umweltprobleme und Meinungsfreiheit. Zahlreiche Olympiaversprechen blieben unerfüllt und für viele westliche Beobachter standen die finanziellen und sozialen Kosten der Spiele in keinem Verhältnis zu dem Gewinn, den ein Volk aus einer Party für sein eigenes Wir-Gefühl ziehen könnte, zumal ethnische Minderheiten wie Tibeter oder Uiguren für die nationale Identitätsfindung einen hohen Preis bezahlt haben. So haben Chinas Olympische Spiele alle Erwartungen erfüllt: die des eigenen Volkes ebenso wie die seiner Kritiker.