Ein ÖVP-Stratege sagt, halb belustigt, halb resignierend: "Angewandte Macht und Öffentlichkeitsarbeit, Herausgeber: Werner Faymann. Kapitel eins: Lass einen Freund die Geschichte schreiben. Dann melden sich alle aufgeregt zu Wort. Nach ein paar Tagen präsentierst du in einem Interview eine simple Lösung. Alle Medien springen auf. Da die Meldung am späten Nachmittag raus geht, bleibt ihnen nicht viel Zeit zur Recherche. Die Leitartikel mögen kritisch ausfallen, aber die Bilder sind schön."

Einfache Regeln. Die Öffentlichkeitsarbeit des roten Vorsitzenden Faymann funktioniert nach einfachen Regeln - vor allem aber ausgezeichnet. Josef Kalina, früher SPÖ-Bundesgeschäftsführer, nun als Kommunikationsberater mit seiner Firma "Unique Relations" selbstständig, lobt ihn: "Der Werner braucht weder Umfragen noch große Beraterstäbe. Er hat einfach ein ausgezeichnetes Gespür dafür, was die Durchschnittsbürger wollen." Im Moment: das Postamt im Ort behalten.

Netzwerk. Faymann steht neben der Bundespartei auch immer noch der Sektion Liesing vor, wo der oberste Postgewerkschafter, seine Mitgliedsbeiträge bezahlt. Letzten Sonntag erscheint in der "Kronen Zeitung" eine Geschichte mit dem Titel: "Post-Geheimplan: 9000 Arbeitsplätze gestrichen", die der Mann von Faymanns Pressesprecherin geschrieben hat. Faymann schiebt die Verantwortung für die Post ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer zu, Molterer schiebt sie dem Infrastrukturminister zurück. Am Dienstag gibt Faymann dem "Kurier" ein Interview. Hat eine Zeitung eine interessante Neuigkeit in Erfahrung gebracht, schickt sie diese an die "Austria Presse Agentur". Um 16.03 Uhr läuft die Meldung über den Ticker: "Faymann: Postämterschließungen bis Mitte 2009 vorerst vom Tisch".

Image des Machers. Schon steht Faymann als Macher da, Molterer als Zauderer, ÖVP-Chef Josef Pröll als Zaungast. Dabei ist fast nichts passiert. Faymann verbietet der Post per Verordnung, bis Juli auch nur ein Amt zu schließen. Was über Nacht gar nicht ginge. Soll eine Filiale zusperren, muss erst die Regulierungsbehörde informiert, dann drei Monate mit der jeweiligen Gemeinde über Alternativen verhandelt werden.

Viel Lärm um nichts. So schauen Faymanns PR-Coups aus. Ende Juni schickte er einen Leserbrief an die "Kronen Zeitung": Sollte sich die EU eine neue Verfassung geben, wolle er das österreichische Volk dazu befragen, schrieb er. Zwei Monate zuvor hatte der Bundespräsident den EU-Reformvertrag von Lissabon unterzeichnet. Der nächste wird Jahre auf sich warten lassen. Im August foppte Faymann die ÖVP mit dem "Fünf-Punkte-Plan" zum Ausgleich der Teuerung. Wieder war die Diskussion zuvor angeheizt worden, um dann via "Kurier" eine Lösung zu präsentieren. Am wildesten wurde in der Folge über die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gestritten, von der selbst rote Wirtschaftspolitiker hinter vorgehaltener Hand zugaben, dass sie den Konsumenten wenig, den Supermärkten viel brächte. Am Ende scheiterte das Vorhaben im Nationalrat ausgerechnet am BZÖ.