Sollte Barack Obama zum nächsten US-Präsidenten gewählt werden, dann ist er dafür, innerhalb von 16 Monaten ab seinem Amtsantritt alle Kampftruppen aus dem Irak heimzuholen. Diesen Zeitplan dürfte Obama gestern auch mit dem Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki besprochen haben, was dieser aber dementiert.

Druck von allen Seiten. Al-Maliki scheint offenbar unter Druck zu sein, denn auch ein Interview, das er dem deutschen Nachrichtenmagazin "Spiegel" gegeben hat, ließ er wieder zurücknehmen. Angeblich habe er nie gesagt: "Wer im Irak heute mit kurzen Fristen rechnet, ist näher an der Wirklichkeit". Mit dieser Aussage hätte sich al-Maliki ziemlich direkt für die Wahl Obamas zum Nachfolger von George Bush ausgesprochen. Als im Lager von Obamas republikanischen Rivalen McCain daraufhin ein Sturm der Entrüstung ausbrach, sah sich ein Regierungssprecher in Bagdad genötigt, al-Malikis Aussagen abzuschwächen. Der diplomatische "Faux pas" konnte dadurch freilich nicht mehr gutgemacht werden.

Irakis für Obama. Bereits seit Monaten ist es im Irak ein offenes Geheimnis, dass die Regierung in Bagdad Barack Obama favorisiert. Auch die meisten Iraker wünschen sich den Senator aus Illinois zum neuem Präsidenten. "85 Prozent aller Iraker", titelten irakische Tageszeitungen, würden ihn wählen. "Er wäre die beste Wahl für Irak und die ganze Welt", verrieten Einwohner von Bagdad der Nachrichtenagentur Reuters. McCain, fügten sie hinzu, würde dagegen "neue Verzweiflung" auslösen.

Lob und Kritik. Auch an der arabischen Golfküste und im Iran wurde Obamas Irak-Strategie wohlwollend kommentiert. "Ein Präsident McCain", hiess es in einer Talk Show des Fernsehsenders Al Dschasira, dürfte die "verhängnisvolle Politik" seines Amtsvorgängers fortsetzen. Noch vor einem Monat war Barack Obama für eine Rede vor einer israelischen Lobbyistenvereinigung in den USA im Nahen Osten scharf kritisiert worden. "Es ist erschreckend, wie sich Obama bei den amerikanischen Juden anbiedert", empörte sich die Beiruter Zeitung "As Safir", nachdem der demokratische Senator Jerusalem, das er heute besucht, "als unteilbare Hauptstadt Israels" bezeichnet hatte.