Bilder, die mehr als Worte sagen, gehen gern um die Welt. Nicht um den Globus, doch durch fast alle türkischen Blätter und Fernsehsender gingen am Donnerstag die Bilder der Staatspräsidenten Österreichs und der Türkei, Heinz Fischer und Abdullah Gül. Doch nicht die Herren der Schöpfung machten den Reiz der Bilder aus, sondern die Damen.

Eingehakt. Denn Hayrünnisa Gül, die Frau Abdullah Güls, die noch vor einem Jahr nur wegen ihres bunten Kopftuchs von den türkischen Medien als Symbol für Rückschrittlichkeit und religiösen Fanatismus gebrandmarkt worden war, ließ es ganz freundlich zu, dass Österreichs Präsident sich mit der Rechten bei ihr unterhakte und mit der Linken die eigene Gattin Margit führte. So spazierten der Sozialdemokrat Fischer und die konservative Muslima Gül nicht nur durch den Basar von Abdullah Güls Heimat Kayseri in Zentralanatolien. So posierten die beiden, die respektiven Ehegatten immer an der Seite, auch vor Hunat Hatun Külliyesi, einem islamischen Komplex, der früher Krankenhaus, Moschee und Armenküche war.

Auf der Titelseite. Warum die Szene etwa der türkischen Massenzeitung "Hürriyet" die Titelseite mit der Schlagzeile "Arm in Arm spazierten sie" wert war? Weil Kopftuch, langer Rock und alles islamische Brimborium der Hayrünnisa Gül die junge Frau nicht daran hindert, die Berührung des fremden Mannes und Christen nicht nur zu dulden, sondern die Nähe strahlend zu akzeptieren. Dabei war noch vor nur fünf Jahren bereits der Händedruck zwischen einer gläubigen Muslima und einem fremden Mann - egal ob Muslim oder Christ - ein sittenloser Akt. Von der leisen Berührung der Taille, die Fischer sich erlaubte, soll man erst gar nicht reden.

Kleiner, großer Schritt. Ein kleiner Schritt - oder doch besser Griff - für Österreichs Staatspräsidenten, ein großer Schritt für die frommen Türken. Denn wenn die Frau des frommen Gül, die dem betont Weltlichen einst soviel Angst gemacht hat, so über ihren Glaubensschatten springen kann, muss sich auch in der restlichen Gemeinde einiges bewegen.

Lockerer. Tatsächlich sind die kopfbedeckten Frauen der Generation von Frau Gül und jünger in ihrem Umgang mit den Männern viel lockerer geworden. Dass junge Kopftuchmädchen Hand in Hand mit ihrem Freund gehen, ist längst Alltag in Istanbul und anderen Städten der Türkei. Das Foto von Fischer und Gül symbolisiert diese Entwicklung.

Treffen. Zum Abschluss seines Türkei-Besuches traf Fischer am Donnerstag mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und dem Ökomenischen Patriarchen Bartholomaios zusammen. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, der den Präsidenten begleitete, sprach sich dagegen aus, dass ein einziges EU-Land einen künftigen möglichen Beitritt eines Staates zur EU blockieren kann.