Ist die sogenannte Vertuschungsaffäre im Innenministerium ein Fall für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss?
KARL KORINEK: Ich möchte keine konkrete Empfehlung abgeben. Dazu fehlt mir das präzise Faktenwissen. Aber eines ist klar: Wenn es Fehlverhalten gibt, dann ist das Sache der dafür zuständigen Einrichtungen. Das sind für die Beamten die Disziplinarkommissionen, im Falle der Strafrechtswidrigkeit die Staatsanwaltschaft und wenn es um die politischen Verantwortung geht ein, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Nur ist das zu ernst für parteitaktische Spielereien. Da ist die Verantwortung der Parlamentarier gefordert.

Jetzt könnte man sagen, Sie mischen sich in die Politik ein. Dieser Vorwurf kommt ja manchmal.
KORINEK: Als ich vor dreißig Jahren in den Verfassungsgerichtshof berufen wurde, sagte mein Vater zu mir: "Du bist nun in zwei Berufen unabsetzbar und unversetzbar. Du musst diese Unabhängigkeit im Interesse der Demokratie und des Rechtsstaates nutzen."

Wurden Sie ihm gerecht?
KORINEK: Ich habe oft und oft am Abend darüber nachgedacht. Es hat sicher Fehler gegeben, aber die Linie ist geblieben. Ich habe schon als Richter deutlich gemacht, dass eine Intervention bei mir sinnlos ist. Das hat dazu geführt, dass mich seit Jahrzehnten keine erreicht hat.

Sie prüfen nun also schon seit dreißig Jahren die Qualität der Gesetze. Warum sinkt sie?
KARL KORINEK: Es gibt Bereiche, wo die Qualität deutlich schlechter geworden ist. Vielleicht hängt das mit der EU zusammen, mit dem Umsetzen des Gemeinschaftsrechtes, das nicht immer in unser System passt. Und man macht sich einen Zeitdruck, der in aller Regel überflüssig ist.

Wie kann man das ändern?
KORINEK: Man bräuchte eine Qualitätssicherung, wo nach der politischen Einigung noch einmal die Systematik und die sprachliche Konsistenz kontrolliert werden. Jedes ordentliche Unternehmen macht das, nur im Parlament hat man es noch nicht einmal probiert. Die Nationalratspräsidentin hat jetzt aber angekündigt, den legistischen Dienst in diese Richtung ausbauen zu wollen.

Der Bundespräsident hatte Nationalratspräsidentin Prammer und Sie unlängt zu Rate gezogen, bevor er ein Gesetz nicht beurkundete. Widerspricht das nicht der Gewaltenteilung?
KORINEK: Wenn mich ein oberstes Organ um ein Gespräch bittet, gehe ich hin. Das gehört sich so. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. Ich habe dem Präsidenten nur gesagt: Die Verweigerung der Unterschrift erfolgt zu Recht, wenn die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes evident und schwerwiegend ist. Evident war sie; ob sie auch schwerwiegend war, musste er selbst beurteilen.

Werden Sie öfter konsultiert?
KORINEK: Bundespräsident Klestil hat mich öfter etwas gefragt. Kanzler Vranitzky, damals anlässlich der Pensionsreform, über Judikatur zum Vertrauensschutz.

Manchmal nimmt das Parlament mangelhafte Gesetz auch bewusst in Kauf. Und hebt sie dann, wie es die Große Koalition mit der Pflegeamnestie getan hat, einfach in Verfassungsrang.
KORINEK: Irritiert war man schon, dass gleichzeitig mit der Entrümpelung der Verfassung, diese wieder mit Gerümpel gefüllt wird. Zum Glück ist das Gesetz auf ein halbes Jahr befristet. Aber mit ein bisschen Phantasie hätte man das sicher auch verfassungsgerecht lösen können.

Hätten Sie da einen Rat?
KORINEK: Den Schritt zum Rat, den gehe ich nicht. Da sind wir wieder bei der Gewaltenteilung. Und wenn ich einmal Ratschläge werde geben können, dann wird man mich nicht mehr fragen.