Herr Vizekanzler, Sie sagen immer: Wir machen eine Politik für den Menschen. Ist die Abschiebepraxis Teil dieser Politik ?
Wilhelm Molterer: Wir haben ein klares Fremden- und Asylrecht, das 2005 auch die SPÖ beschlossen hat: Wer in Österreich berechtigterweise um Asyl ansucht, bekommt es. Wer das Recht nicht hat, bekommt es nicht. Jetzt haben wir zwei weitere Maßnahmen beschlossen: Die Dauer von Asylverfahren wird durch einen Asylgerichtshof radikal verkürzt. Zudem hat der Innenminister mit den Bundesländern einen Kriterienkalalog für ein Bleiberecht aus humanitären Gründen erarbeitet. Dieser kann auch auf Fälle angewendet werden, die bereits durch Gerichtsentscheid negativ beschieden sind.

Darf Familie Milici wieder zurück nach Peggau?
Wilhelm Molterer: Der erste Schritt liegt am Landeshauptmann. Er entscheidet künftig, auf welche Fälle der neue Kriterienkatalog anzuwenden ist und macht dem Innenminister einen Vorschlag.

Sind die beiden Abschiebefälle die Kollateralschäden einer gut gehenden Politik?
Wilhelm Molterer: Niemand ist unberührt von diesen Bildern. Wer davon nicht berührt ist, ist ein Kühlschrank. Ich kann nur sagen: Die Gesetze stehen nicht zur Disposition, das sieht auch der Bundeskanzler so. Wir schaffen jetzt die Möglichkeit für eine humanitäre Regelung.

Für die Familie Milici kommt der Beschluss um 48 Stunden zu spät.
Wilhelm Molterer: Es wird immer schwierige Entscheidungen im Rechtsstaat geben.

Also die Leute in Peggau, die sich für die Familien eingesetzt haben, waren am falschen Dampfer?
Wilhelm Molterer: Nein, denn im neuen Kriterienkatalog ist die Frage der Integration und der familiären Situation ausdrücklich berücksichtigt.

Ist es nicht ein Problem für die Familienpartei ÖVP, dass hier Familien zerrissen werden?
Wilhelm Molterer: Das will mutwillig niemand. Aber: Werden nicht auch Familien zerrissen, wenn der Mann oder die Frau ins Gefängnis muss, und trotzdem muss das Gesetz vollzogen werden.