Im Kampf gegen den Terrorismus wird das Internet immer mehr zum Schlachtfeld. Längst rekrutieren radikale Netzwerke wie die Al-Kaida ihre zukünftigen Märtyrer per "World Wide Web", das sich rasant zu einer Art globaler Plattform für die Vorbereitung von Anschlägen radikaler Dschihadisten gewandelt hat. Will Europa da Schritt halten, muss es geeignete Instrumente der verstärkten Terrorabwehr finden, die auf der Höhe der technischen Entwicklung sind.

Uneinigkeit. EU-Innenkommissar Franco Frattini will deshalb Anfang November in Brüssel ein umfangreiches Terrorbekämpfungs-Paket vorstellen, das neben anderen Maßnahmen die Sperrung von Websites mit Anleitungen zum Bombenbau vorsieht und die Veröffentlichung solcher Informationen unter Strafe stellt.

Streit entbrannt. Doch genau darüber ist beim zweitägigen Treffen der 27 EU-Innen- und Justizminister in Lissabon jetzt ein Streit entbrannt. Viele Mitgliedsländer leisten gegen Frattinis Pläne Widerstand, weil sie fürchten, dass dadurch die Grundrechte der Bürger untergraben werden könnten. So kritisiert der luxemburgische Justizminister Luc Frieden den Vorstoß aus Brüssel. Er entspreche "nicht unseren Auffassungen von Freiheit und Kommunikation, die wir sonst so gerne in der Welt verteidigen", glaubt er. Nach Auffassung des Luxemburgers würde es reichen, den Informationsaustausch zwischen den nationalen Sicherheitsdiensten in der Europäischen Union zu verbessern. "Ich glaube nicht, das es dafür größere neue gesetzliche Bestimmungen braucht".

Meinungsfreiheit. Auch Österreichs Justizminister Maria Berger plädiert für Behutsamkeit. Sie warnte in Lissabon dezidiert vor gefährlichen Konfliktfällen mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, hält die Schaffung neuer Straftatbestände aber grundsätzlich für sinnvoll: Es habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, wenn jemand im Internet Anleitungen zum Basteln einer Bombe veröffentliche, ist sie überzeugt.

"Netz kein straffreier Raum". Auch ihr schwarzer Regierungskollege, Innenminister Günter Platter, ist rigoros: "Der islamistische Terror arbeitet immer mehr über das Internet. Es wäre ein fataler Fehler, darauf nicht zu reagieren. Das Netz darf kein straffreier Raum sein." Platter trat in Lissabon auch dafür ein, die umstrittenen Online-Durchsuchungen in der gesamten EU als Instrument der Terrorabwehr zu etablieren. Auch Deutschland unterstützt eine schärferes Vorgehen gegen den Terror im Internet: "Wenn es die technischen Möglichkeiten gibt, muss man sie nutzen", meint Innenminister Wolfgang Schäuble. Er kann sich sogar vorstellen, gegen die Verbreitung von Hasspredigten im Netz vorzugehen.

Flugdatenbank. In Lissabon beratschlagt wurden auch Frattinis Pläne, nach US-Vorbild ein System zur Weitergabe von Flugpassagierdaten an die Sicherheitsbehörden einzurichten. Bei Flügen von Europa in die USA werden die Passagierdaten schon seit 2004 an die amerikanischen Sicherheitsbehörden übermittelt. Die EU-Kommission will so ein Register auch für europäische Fluggäste schaffen.