Sind Sie nach Kärnten gekommen, um sich zu überzeugen, ob die positiven Wirtschaftsdaten, die kolportiert werden, mit der Realität übereinstimmen?CHRISTOPH LEITL: Ich widme mich einmal im Jahr einen ganzen Tag lang einem Bundesland.

Wie schneidet der Süden im Vergleich zu den anderen ab?
LEITL: Eindrucksvolle Dinge sind hier passiert. Erstmals hat Kärnten über 200.000 Beschäftigte und 1500 Firmen-Gründungen.

Die Ausrichtung auf Hightech eine richtige Entscheidung?
LEITL: Eine tolle Sache, weil es der Philosophie des Landes entspricht: Natur, Umwelt, Sport, Kultur, Tourismus, gepaart mit Hightech ist eine spannende Kombination. Mit dem Energieaspekt ist es ein Mega-Thema für das 21. Jahrhundert.

Wirtschaftsforscher sagen, dass Österreich dem Abwärtstrend trotzen kann. Was kann Österreich, was andere nicht können?
LEITL: Ich bin sicher, dass wir im nächsten Jahr ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent schaffen. Da bin ich optimistischer als die Wirtschaftsforscher.

LEITL: Besser man revidiert von unten nach oben. Ein Erfolgsgeheimnis: Die österreichische Wirtschaft hat früher, als andere erkannt, dass man die Chancen im Osten nützen muss - auch die Kleinen. Die Zahl der Exportbetriebe hat sich verdoppelt, im letzten Jahr legte der Export um 13 Prozent zu. Fleißige, neugierige Menschen sind die Voraussetzung für gute Produkte. Und bei uns herrscht durch sozialpartnerschaftlichen Dialog sozialer Friede.

Jetzt steht die Sozialpartnerschaft bei den Lohnverhandlungen auf dem Prüfstand. Wieviel kann die Wirtschaft vertragen?
LEITL: Wenn es d i e Wirtschaft gäbe, könnte ich die Frage beantworten. Aber es sind 370.000 Unternehmen, denen es ganz unterschiedlich geht. Was sich ein Großbetrieb leisten kann, kann so mancher Kleine nicht. Dort wo es tolle Ergebnisse gibt, sollen Mitarbeiter ihren gerechten Anteil bekommen. Es ist eine Sache des Fairness, in welchem Betrieb es möglich ist und in welchem nicht.

Was kann ein Mitarbeiter dafür, wenn er in einem Betrieb beschäftigt ist, dem es schlecht geht?
LEITL: Es kann ja wieder eine Zeit kommen, wo es besser geht. Aber wir haben ja einen offenen Arbeitsmarkt, wo es jedem frei steht, sich um andere Positionen zu bewerben.

Ist es fair, dass der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern mit 26,4 Prozent weit über dem EU-Schnitt liegt?
LEITL: Man darf Äpfel nicht mitBirnen vergleichen. Bei gleicher Qualifikation muss es auch gleichen Lohn geben. Aber viele Frauen arbeiten Teilzeit. Dann gibt es noch immer das Spannungsfeld Beruf und Familie. Da muss man Rahmenbedingungen schaffen, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.

Zum Beispiel Ganztagsschulen? Noch immer ein Tabuthema der ÖVP
LEITL: Ja, auch Ganztagsschulen. Ich kann Ihnen etwas verraten: nächste Wochen legen die Sozialpartner ein brandneues Papier vor, in dem die Ganztagsschule nicht als Schlagwort, sondern als Recht vorkommen wird.