Die Regierungsbildung in Deutschland hat für einige handfeste Überraschungen gesorgt. Trotzdem treffen sich im neuen Kabinett viele alte Weggefährten wieder. Dazu zählen nicht nur die sieben Minister von CDU und CSU, die schon in der Großen Koalition Ressorts geleitet haben, sondern auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die als Justizministerin den 90er Jahren mit der damaligen Umweltministerin Angela Merkel im Kabinett von Helmut Kohl saß. Wirklich neu sind sieben Minister im Kabinett. Ein Überblick:

Philipp Rösler: Der Aufstieg des 36-jährigen FDP-Politikers zum Gesundheitsminister ist eine der größten Überraschungen. Bis zum Schluss hatte Familienministerin Ursula von der Leyen als Favoritin für das Amt gegolten. Rösler hingegen hatte immer wieder betont, dass er aus familiären Gründen als Wirtschaftsminister in Niedersachsen bleiben wolle. Rösler ist mit einer Ärztin verheiratet, ihre Zwillingsmädchen werden nächste Woche ein Jahr alt. Bei den Koalitionsverhandlungen kämpfte er jedoch so erfolgreich für eine Umstellung des Gesundheitssystems, dass er jetzt auch den Praxistest machen soll.

Peter Ramsauer: Zweimal hatte der 55-jährige bisherige CSU-Landesgruppenchef im Bundestag seinen Wechsel ins Kabinett schon abgelehnt, diesmal hat er zugegriffen. Das Verkehrsministerium ist für die CSU attraktiv, weil sich von dort aus gut Strukturpolitik für Bayern machen lässt. Der Wechsel dürfte Ramsauer trotzdem nicht leicht fallen. Der stellvertretende CSU-Vorsitzende hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er seinen Posten als Landesgruppenchef in Berlin am liebsten behalten hätte. Doch die Kritik an ihm war zuletzt immer lauter geworden. Als Spitzenkandidat wurde er auch für das Ergebnis bei der Bundestagswahl mitverantwortlich gemacht, bei der die CSU auf 42,5 Prozent abrutschte.

Guido Westerwelle: Der 47-Jährige galt von Anfang an als gesetzt für den Posten des Außenministers und Vizekanzlers. Nach drei vergeblichen Anläufen, die Liberalen wieder an die Macht zu bringen, ist der FDP-Partei- und Fraktionschef jetzt am Ziel. Der promovierte Jurist aus dem Rheinland war bereits in jungen Jahren in der FDP steil aufgestiegen. 1983 wurde er Vorsitzender der Jungen Liberalen, 1994 FDP-Generalsekretär, 2001 Parteichef. 2006 übernahm er zusätzlich den Fraktionsvorsitz. Dabei hat er sein Image als Spaßpolitiker im Laufe der Jahre abgelegt. Die Zeiten, in denen er im Guidomobil durch die Lande zog, sich eine gelbe "18" (für das Wahlziel von 18 Prozent) auf die Schuhsohle brennen ließ und den Big-Brother-Container besuchte, sind definitiv vorbei.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberg: Die 58-Jährige bayerische FDP-Vorsitzende kehrt nach 17 Jahren an die Spitze des Bundesjustizministeriums zurück. 1992 hatte die bekennende Linksliberale als erste Frau ein klassisches Ressort übernommen. Sie leitete es, bis sie im Jänner 1996 aus Protest gegen den Großen Lauschangriff zurücktrat, den die FDP in einer Mitgliederbefragung gebilligt hatte. Seither gilt sie als unbeugsame Kämpferin für die Bürgerrechte.

Norbert Röttgen: Mit seinem Wechsel ins Umweltministerium rückt der CDU-Politiker endlich ins Kabinett auf. Darauf hat der 44-Jährige lange gewartet. Schon 2005 war Röttgen als Kanzleramtsminister gehandelt worden. Damals kam er jedoch nicht zum Zuge, sondern musste sich mit dem Posten des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion zufriedengeben. Im Sommer 2006 erwog er, als Hauptgeschäftsführer zum Bundesverband der Deutschen Industrie zu wechseln, entschied sich jedoch im letzten Moment anders. Das hat sich jetzt ausgezahlt. Röttgen gilt als nachdenklicher, aber auch durchsetzungsstarker Politiker.

Ronald Pofalla: Der 50-jährige CDU-Generalsekretär gilt als enger Vertrauter von Merkel, als festes Mitglied ihrer "Boygroup". Insofern ist es nur folgerichtig, wenn er künftig als Kanzleramtsminister an ihrer Seite arbeitet. Überraschend ist der Wechsel trotzdem. Pofalla war bis zum Schluss als Arbeitsminister gehandelt worden, zumal er für die CDU die Koalitionsverhandlungen im Bereich Arbeit und Soziales führte. Bekannt wurde Pofalla in den 90er Jahren als Anwalt von Altkanzler Kohl in der Spendenaffäre. Er bezeichnet Kohl bis heute als eines seiner großen politischen Vorbilder.

Dirk Niebel: Der 46-Jährige FDP-Generalsekretär galt bis zum Schluss als zweiter Anwärter auf das Amt des Arbeitsministers. Bei den Koalitionsverhandlungen war er in diesem Bereich der direkte Widerpart von Pofalla. Sein Wechsel ins Entwicklungshilfeministerium kommt unerwartet. Der gebürtige Hamburger gilt als Arbeitsmarkt- und Sozialexperte. In der FDP hat er sich stets im Schatten von Westerwelle bewegt, dem er seit 2005 als Parteimanager gedient hat.

Rainer Brüderle: Mit seinen 64 Jahren ist der stellvertretende FDP-Vorsitzende künftig das zweitälteste Kabinettsmitglied. Seit seiner Wahl in den Bundestag 1998 hat er auf einen Posten in der Bundesregierung gewartet. Kabinettserfahrung hat Brüderle zuvor in Rheinland-Pfalz gesammelt. Unter den Ministerpräsidenten Bernhard Vogel (CDU), Rudolf Scharping (SPD) und Kurt Beck (SPD) war er zwischen 1987 und 1998 Wirtschaftsminister in schwarz-gelben und sozialliberalen Koalitionen. Stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP ist Brüderle seit 1995. Er gilt als der kompetenteste Wirtschaftsexperte seiner Partei.