Wenn es nach dem Publikum des Fernseh-Unterhalters Stefan Raab geht, wird Deutschland nach der Bundestagswahl weder von einer schwarz-gelben noch von einer großen Koalition regiert. Während der dreistündigen Pro-Sieben-Sendung "TV total Bundestag" am Samstagabend mit Spitzenpolitikern der fünf im Parlament vertretenen Fraktionen votierten die Zuschauer per Telefon und sms so: 26,6 Prozent für CDU/CSU, 17,7 Prozent für die SPD, 19,9 für die FDP, 15,4 für die Grünen und 20,5 für die Linke. "Diese TV-Umfrage kann nicht repräsentativ sein", betonte Raabs Co-Moderator, N24-Chefredakteur Peter Limbourg. "Auch die Linke muss das anerkennen." Ein Meinungsforscher sprach in der Sendung sogar von "Machenschaften".

Sechs "mutige" Politiker, wie Raab sagte, trauten sich wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale in die Sendung, die wegen der jungen Zielgruppe bei den Parteien begehrt ist. Es kamen: Karl- Theodor zu Guttenberg (CSU), Christian Wulff (CDU), Franz Müntefering (SPD), Guido Westerwelle (FDP), Jürgen Trittin (Grüne) und Gregor Gysi (Die Linke). Alle diese sechs Polit-Profis wirkten zunächst angespannt.

Werben um Erstwähler

Äußerlich locker kam zu Guttenberg in Jeans und ohne Krawatte, auch Trittin ließ den Binder zu Hause. Die anderen präsentierten sich mit dunklem Anzug und Schlips so gar nicht zielgruppennah. Für jeden der Männer ging es darum, vor allem die junge Generation, darunter die begehrten Erstwähler, zu gewinnen. Sie bemühten sich, so viele Bausteine wie möglich von ihren Wahlkampfreden unterzubringen.

Müntefering und Trittin saßen eng beieinander. Den schärfsten Schlagabtausch lieferten sich Müntefering und Gysi. Westerwelle gab sich staatstragend und warb für eine sachliche Argumentation. Er saß zwischen Wulff und zu Guttenberg und zu dritt mimten sie schon einmal eine schwarz-gelbe Koalition. Als Westerwelle bei den Schluss- Statements als erster an die Reihe musste, kommentierte er schlagfertig: "Ich komme mit der Nummer eins zurecht."

Eines der Kernthemen war die Bildung. Ein eingespielter kleiner Kurzfilm zeigte, welch eine Herkules-Aufgabe das sein kann. Junge Menschen wurden nach Politikern und Parteien befragt und das kam dabei heraus: Bundestrainer ist (Bundespräsident) Horst Köhler. Bürgermeister von Deutschland ist (FDP-Chef) Westerwelle und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehört der SPD an. CDU stehe für "Unternehmen in Deutschland", und wer von den befragten jungen Männern und Frauen wusste was eine Staatsform ist, tippte auf Kommunismus oder Monarchie.

Limbourg, der jüngst durch das TV-Duell mit Merkel und SPD- Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier mit drei weiteren Moderatoren geführt hatte, lobte, die Sechser-Runde sei deutlich lebendiger und angriffslustiger gewesen. Und er merkte süffisant an: "Das Schöne an dieser Sendung ist für mich, dass mehr Politiker da sind als Moderatoren." Die Opposition hatte heftig beklagt, dass die Regierungsvertreter unter sich geblieben waren.

Die "Hochrechnungen" während der Sendung präsentierte das Raab- Team ohne die sechs Politiker. Gysi wäre sonst sicher als strahlender Sieger zu sehen gewesen. Übrigens: Bei der Premiere der Sendung vor vier Jahren war die Große Koalition vorausgesagt worden.