Wie beurteilen Sie als ehemaliger Listenerster das grüne Wahlergebnis: Niederlage, Desaster?
JOHANNES VOGGENHUBER: 2004 hatten wir das höchste Wahlergebnis in der Geschichte der Grünen. 2009 gibt es den größten der Verlust. In einem Jahr, in dem Grün quer durch Europa siegt.

Warum schneiden Österreichs Grüne so schlecht ab?
VOGGENHUBER: Es wäre unfair, von Österreichs Grünen zu reden. Die wären für 20 Prozent genauso gut wie die Grünen in Frankreich. Die Verantwortung bei uns trägt eine Führungs-Crew. Bisher waren wir Grünen über 15 Jahre an zweitbester Stelle in Europa, jetzt liegen wir am letzten Platz.

Welche Fehler wurden gemacht, außer Sie nicht mehr aufzustellen?
VOGGENHUBER: Man hat mit mir immerhin jemand hinausgedrängt, der einiges Vertrauen in der Bevölkerung hat. Ich habe ja vor der letzten Nationalratswahl wie nachher viele Fehler benannt. Das Tragische ist, das meine Kritik, die mich angeblich so unmöglich und unvertretbar gemacht hat, von den Grünen beim Bundeskongress auf alle Tafeln geschrieben wurde: Das man eine Politik mit Funktionären, Spin-Doktoren und einem engen, eingeschworenen Kreis macht statt mit gewählten Abgeordneten. Dass man jungen Abgeordneten keine Chance gibt, dass es gar keinen Nachwuchs gibt.

Sie reden von der "Machtversessenheit" eine kleinen Führungsgruppe. Wer sind die?
VOGGENHUBER: Es geht halt um den ehemaligen Hofstaat des Herrn Van der Bellen wie um Michaela Sburny und Dieter Brosz. Die Entscheidung gegen mich beim Bundeskongress ist doch nicht demokratisch gefallen. Davor gab es eine Mobbing von vielen Monaten, das über alle Informationskanäle betrieben wurde. Da wurde jede Politik, öffentliche Darstellung von mir in missgünstigster Weise transportiert.

Die Parteispitze argumentiert, die Grünen seien im Umbau, da könnten Wahlverluste passieren.
VOGGENHUBER: Ich habe keine Ahnung, was da umgebaut wird. Ich sehe nur einstürzende Wände, keinen Umbau.

Sie empfehlen jetzt der neuen Parteichefin Eva Glawischnig den Rücktritt. Warum auswechseln?
VOGGENHUBER: Politische Verantwortung ist ein Kernelement der Demokratie. Wenn man drei Wahlen verliert und die letzte so fulminant, kann man nicht nur nachdenklich sein und sagen, ich bin für gute und schlechte Zeiten als Chefin gewählt. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie in der Realität angekommen ist.

Etliche Spitzen-Grüne sind gegen die Ablöse Glawischnigs.
VOGGENHUBER: Ich glaube, die denken eher daran, dass es keine Alternative gibt.

Wer sollte sie ablösen?
VOGGENHUBER: Man kann nicht vorher jeden Nachwuchs unterbinden und ich soll dann sagen, wer es werden soll.

Ist die Frage nicht erlaubt?
VOGGENHUBER: Schon. Aber Das ist nicht meine vorrangige Frage. Ich habe das nicht mehr zu bestimmen. Da bräuchte es einen Prozess, innerparteiliche Demokratie und einen politischen Programmprozess - beides wurde über weite Strecken eingestellt.

Sind Sie so verbittert?
VOGGENHUBER: Ich spreche schon mein ganzes politisches Leben offen und habe nie verstanden, warum wir unsere Ideale nur gegen den politischen Gegner richten, uns nicht daran messen.

Was werden Sie künftig tun, gibt es politische Angebote?
VOGGENHUBER: Nach fünfzehn Jahre Knochenarbeit werde ich mir ein paar Monate Zeit nehmen für einen klaren Blick. Es gibt politische Kontakte. Vielleicht war es ein schwerer Fehler von mir, aus Loyalität nicht auf einer eigenen Liste zu kandidieren. Dann hätten wir jetzt vielleicht drei Mandate mehr. Was ein Hans-Peter Martin kann, hätte ich mir auch zugetraut. Wir waren ja auch bei der EU-Wahl 2004 gleichauf.