Selbst Hans-Peter Martin dürfte von seinem Wahlerfolg überrascht worden sein. Eine winzige Bar im ersten Wiener Bezirk hatte er zum Feiern ausgesucht. Als er kurz vor 17 Uhr eintrifft, sind mehr Journalisten als Anhänger da. Jetzt ist es Martins größtes Problem, Fans zu finden, denen er um den Hals fallen kann. "Ich bin glücklich, dass es keine Rechtsruck in Österreich gibt", ereifert sich der selbst ernannte Rebell und verteilt das Buch "Die Stärkeren", in dem Berichte von KZ-Überlebenden gesammelt sind. Nun wolle er verhindern, dass "die Dämme gegen Rechts brechen", sagt Martin.

Sein Problem, keiner Fraktion im EU-Parlament anzugehören, deutet Martin als Stärke. "Man braucht diese großen Apparate nicht. Die sind ja eher hinderlich." Wie er seinen eigenen Apparat aufbauen will, scheint indes gestern abend noch nicht eindeutig entschieden. Neben Martin Ehrenhauser, der schon drei Jahre als Martins Bürochef werkte, soll vorerst der Industriekaufmann Robert Sabitzer das dritte Mandat übernehmen. Nach zweieinhalb Jahren könnte Angelika Werthmann Sabitzer im EU-Parlament ablösen.

Neutralität. Der 30-jährige Ehrenhauser hatte gemeinsam mit Martin den Wahlkampf organisiert und will sich nun "dem Erhalt der österreichischen Neutralität" widmen. Sabitzer führt eine Nichtregierungsorganisation, die Arbeitsbedingungen von Teppichknüpfern in Indien und Pakistan verbessern will. Als früherer Topmanager bei amerikanischen Firmen sei er unpolitisch und immer ein Wechselwähler gewesen, erzählt der 54-Jährige. Dann habe er vor 13 Jahren Martins Buch "Die Globalisierungsfalle" gelesen. "Das hat mir die Scheukappen weggesprengt", beteuert er.

Krone als Wahlhelfer. Andere Mitstreiter wiederum haben frühere politische Bindungen abgelegt. Hubert Weißnegger erzählt, dass er vor 25 Jahren der erste Grüne in seinem niederösterreichischen Heimatort gewesen sei. Dann habe er Richard Lugner unterstützt. Der 24-jährige Andreas Fischer ist über die Liberalen zu Martin gekommen. Dass die Wahlkampagne vor allem von der Kronen Zeitung getragen wurde, sieht der Student pragmatisch. "Die Krone ist ein Mittel zum Zweck. Jede Partei hat eine Medienfront hinter sich."