Der Moskauer Oberbürgermeister Juri Luschkow feierte seinen 74. Geburtstag nach eigenen Worten im "reduzierten Familienkreis" - in Kitzbühel, wo seine Frau Jelena Baturina ein Haus besitzt. Für alle überraschend flog Luschkow am Sonntag nach Österreich. Luschkow hatte Präsident Medwedew wegen dessen Einmischung in den Streit um den Bau einer Autobahn bei Moskau kritisiert und indirekt an Regierungschef Wladimir Putin als Schiedsrichter appelliert. Luschkow wurde beschuldigt, das russische Führungsduo spalten zu wollen. Dieser wies die Vorwürfe in recht grober Art von sich. Daraufhin forderte Medwedew den Gegner auf, "Konsequenzen" zu ziehen, also zurückzutreten.

Der seit 1990 regierende Moskauer Stadtchef erklärte, freiwillig werde er nicht gehen. Um ihn zwangsweise zu feuern, brauche der Kreml etwas Strafbares gegen ihn, und so etwas könne ihm niemand nachweisen. Kürzlich strahlte nun der Sender NTW, der dem Gazprom-Konzern gehört, den Schmähfilm "Der Fall Mütze" aus, als Anspielung auf Luschkows geliebtes Kapperl. Luschkow erklärte, er werde den Sender verklagen. Mehrere Organisationen und das Moskauer Lokalparlament stellten sich hinter ihn, was nach Meuterei aussah.

In einigen Kommentaren hieß es, Medwedew traue sich nicht, Luschkow wirklich zu feuern, weil dieser im Gegenzug dem Kreml Strom, Wasser und Kanalisation abstellen könnte. Diese Bemerkung war nur halb scherzhaft, weil der Stadtchef genau das 1993 mit dem aufsässigen Obersten Sowjet gemacht hatte.

Jetzt verbreitete ein ebenfalls anonymer Vertreter des Kremls die Version, wonach Luschkow sich letzten Freitag um Termine bei Putin und Medwedew bemüht, aber keine bekommen hat.

Frau als Achillesferse

Stattdessen sei er zweimal in Medwedews Präsidialamt gewesen, wo ihm nahegelegt wurde, in Kitzbühel über Möglichkeiten eines freiwilligen Rücktritts nachzudenken. Ausgestanden ist noch nichts. Am letzten Samstag zeigte der NTW-Sender noch den Film "Teure Jelena Nikolajewna". Untertitel: "Wie man Bürgermeisterfrau und Milliardärin wird". Ohne Luschkow wäre Baturina nicht die reichste Frau Russlands. Sie ist Luschkows Achillesferse. Jetzt gab Baturina per Skype aus Österreich der Zeitung "The New Times" ein Interview.

Sie sagte, die Medienhetze gegen ihren Mann resultiere aus der Befürchtung des Kremls, Luschkow könnte bei der Präsidentschaftswahl gefährlich werden. Er könnte Putin gegen Medwedew unterstützen, um Regierungschef unter dem Wieder-Präsidenten Putin zu werden. Die Möglichkeit, sie und ihr Mann könnten aus dem Urlaub nach Moskau nicht zurückkehren, wies Baturina zurück. Das Schicksal von Ex-Yukoschefs Michail Chodorkowski scheint sie zu vergessen.