Wer durch Zürich fährt, sieht vor allem eines: Baukräne. Überall in der Wirtschaftsmetropole der Schweiz wird gebaut. Wer durch Zürich geht, hört vor allem eines: Fremdsprachen. Ob Hochdeutsch (an der Limmat eine Fremdsprache), Englisch, Französisch oder auch Russisch und Arabisch: An gut ausgebildeten, gut verdienenden Ausländern besteht kein Mangel.

Die Schweiz brummt. Gerade im westeuropäischen Vergleich hat sie sich wacker in der Krise geschlagen und rasch wieder herausgefunden. Im vergangenen Jahr ist die Schweizer Wirtschaft um 1,5 Prozent geschrumpft, jene in Österreich hingegen um 3,6 Prozent. In diesem Jahr soll die Schweizer Wirtschaft laut der Prognose der Nationalbank um zwei Prozent wachsen. Das wäre weniger als in Deutschland, aber mehr als im Durchschnitt der EU. Damit knüpft sie an die guten Jahre vor der Krise an: Schon da war die Schweiz stärker gewachsen als der EU-Durchschnitt.

Das dürfte auch so weitergehen: Das World Economic Forum (WEF) hat soeben der Schweiz bescheinigt, das wettbewerbsfähigste Land der Welt zu sein. Wir geben einen Überblick, warum die Schweiz die beste wirtschaftliche Adresse ist und was die Eidgenossen besser machen als der Rest.

1. Hohe Innovationskraft. Das WEF hebt etwa die Innovationskraft hervor: Mit den Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) in Zürich und Lausanne hat das Land zwei Technische Universitäten, die nicht nur Weltniveau haben, sondern auf die wirtschaftliche Nutzung ihrer Ergebnisse Wert legen. Mit den Pharmariesen Novartis und Roche, dem Elektronikkonzern ABB, dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé und der Uhrenindustrie gibt es viele globale, forschungsstarke Unternehmen. IBM und Google unterhalten hier Forschungszentren. Das WEF kritisiert zwar die geringe Rate von Studienabgängern. Aber dann kommen die Spezialisten eben aus dem Ausland. Von den Einwanderern - die Credit Suisse rechnet bis 2020 mit jährlich 100.000 Menschen - sind 60 Prozent Akademiker.

2. Flexibler Arbeitsmarkt. Die verstärkte Einwanderung wurde durch das Abkommen mit der EU über die Personenfreizügigkeit ermöglicht; 2007 fielen die letzten Hürden. Seither ist die Schweiz für Bürger der (alten) EU-Länder so offen wie ein EU-Land. Nur unbürokratischer. Die Unternehmen stellen umso lieber ein, als sie ebenso schnell wieder entlassen können. Die Kündigungsfrist beträgt am Anfang einen Monat. Erst nach Jahren steigt die Kündigungsfrist auf drei und dann sechs Monate. Gründe für eine Kündigung braucht es nicht. Dennoch machen die Unternehmen davon nur spärlich Gebrauch. Bis Ende 2009 stieg die Arbeitslosenrate auf 4,7 Prozent, um seither wieder zu sinken.

3. Maschinen, Uhren, Nespresso. Selbst die Branchen, die hart von der Krise getroffen wurden, spüren wieder den Aufschwung. So gab es auch im Schweizer Maschinenbau und bei den Autozulieferern viele Unternehmen, die keine Aufträge mehr hatten. Inzwischen nehmen die Aufträge aus dem Inland wie aus wichtigen Märkten wie Deutschland und Asien wieder zu. Die Uhrenindustrie hat im ersten Halbjahr 2010 um 20 Prozent mehr verkaufen können. Im wichtigsten Markt, Hongkong, stiegen die Verkäufe sogar um mehr als die Hälfte auf 270 Millionen Franken (207 Millionen Euro). Die Nahrungsmittelindustrie hat ohnehin keine Mühe, ihre Nespresso-Kapseln und Ähnliches an den Mann und die Frau zu bringen.

4. Finanzplatz kehrt zurück. Auch die Banken sind wieder im Spiel. Wirklich kritisch war es ohnehin nur für die UBS. Bund und Nationalbank mussten sie erst vor dem Zusammenbruch und dann vor dem Zorn der US-Behörden retten, die gegen Steuerhinterzieher in der Bank vorgingen. Die Durchlöcherung des Bankgeheimnisses hat die Banken geschockt, aber nicht erschüttert. "Das Bankgeheimnis in Steuersachen ist ohnehin überbewertet worden", sagt Burkhard Varnholt, Investmentchef der Bank Sarasin in Basel. "Es hat in den letzten Jahren für das Wachstum des Finanzmarktes nur noch eine untergeordnete Rolle gespielt." Investoren würden die Schweiz als ein Land beurteilen, das wirtschaftlich, politisch, kulturell und sozial stabil sei. "Ich bin sehr optimistisch für den Finanzplatz."

5. Franken wertet auf. Derzeit jedenfalls drängt es die Investoren in die Schweiz - und in den Franken. Angezogen durch ein Land, das selbst in der Krise einen Budgetüberschuss (siehe rechts) kennt und dessen öffentlicher Schuldenstand auf unter 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesunken ist, haben sie den Franken in die Höhe getrieben. Bekam man für einen Euro vor einem Jahr noch 1,5 Franken, sind es jetzt nur noch 1,3. Damit ist der Franken schon gleich viel Wert wie der Dollar. Sehr zum Leidwesen der Zigtausenden österreichischen Inhaber eines Frankenkredits. Die Gewinne der Unternehmen fallen aufgrund des starken Frankens etwas kleiner aus. Aber es sind immer noch Gewinne. Auch das ist ein Zeichen von Stabilität.