Mit seiner verbalen "Kriegserklärung" an die Roma und mit der für die französischen Medien inszenierten Abschiebung von rund 700 Angehörigen dieser ungeliebten Minderheit in deren Heimatländer, Rumänien und Bulgarien, hat Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zwar die Roma-Frage nicht gelöst, aber immerhin erreicht, dass sie jetzt auf breiter Ebene diskutiert wird. Denn auch in anderen Ländern Europas gibt es ein Roma-Problem.

Italiens rechte Regierung, die unsinnigerweise Roma mit Rumänen gleichsetzt, hat eine regelrechte Menschenjagd auf alle eingeleitet, die einen rumänischen Pass besitzen. Sie werden in Massen abgeschoben.

In Finnland sollte Ende Juli ein Roma-Zeltlager geräumt werden, die Bewohner kamen den Polizisten aber zuvor und verließen das Lager frühzeitig. Das finnische Innenministerium erwägt nun ein generelles Bettelverbot. In Serbien steht der Abriss einer Roma-Siedlung bei Belgrad unmittelbar bevor. Und auch in Dänemark und Schweden wurden Abschiebungen von Roma bekannt.

2004 und 2007 wurden mit der Osterweiterung der EU Millionen Roma EU-Bürger. Ihre Gesamtzahl ist schwer zu erheben, da viele aus Angst vor einer Stigmatisierung als "Zigeuner" zwar die Nationalität des Heimatlandes, nicht aber ihre Volksgruppe angeben. Man vermutet zwischen sechs und zwölf Millionen.

In Österreich Volksgruppe

Auch in Österreich gibt es keine exakten Zahlen: Laut Schätzungen des Kulturvereins österreichischer Roma soll es 20.000 bis 27.000 Angehörige dieser seit 1993 als Volksgruppe gesetzlich anerkannten Minderheit geben. Trotz eines Minderheitenschulgesetzes für das Burgenland, das den Unterricht auch in der Sprache Romanes vorsieht, leiden viele unter Arbeitslosigkeit und mangelnder Integration.

Ursprünglich stammen die Roma aus Indien. Im 11. Jahrhundert setzte aufgrund der muslimischen Eroberung des Subkontinents eine Auswanderungswelle Richtung Europa ein. Damals wie heute ist ihre Situation erschütternd. Vor allem im ehemaligen Ostblock leiden sie unter katastrophalen sozialen Bedingungen. Vom Arbeitsmarkt und von Bildung größtenteils ausgeschlossen, taumeln sie am Rande der Gesellschaft dahin, meist in kleinen Siedlungen oder großen Gettos. In diesen herrscht blankes Elend, die Kindersterblichkeit ist hoch.

"Der Bildungsdurchschnitt ist vergleichbar mit afrikanischen Staaten", so Erich Fenninger von der Volkshilfe Österreich. Was ihn besonders beunruhigt: "In manchen Ländern werden die Roma als Sündenböcke wiederentdeckt." Etwa in Ungarn. Dort hat die Aufhetzung durch rechtsradikale Gruppierungen bereits zu ersten Übergriffen mit Todesopfern geführt.