Am Mittwoch flogen die ersten 79 Roma, die auf Anordnung von Staatspräsident Nicolas Sarkozy aus Frankreich abgeschoben werden, zurück in ihre alte Heimat Rumänien - mit einem Gratisticket und je 300 Euro Rückkehrgeld. 700 insgesamt sollen auf diese Art rückgeführt werden. Alles Leute, die straffällig geworden sind oder/und über keine Aufenthaltsgenehmigung verfügen, versichert Immigrationsminister Eric Besson.

Dennoch: Die Opposition in Frankreich schäumt und selbst Parteifreunde des Präsidenten sind skeptisch, ob es moralisch vertretbar ist, Angehörige einer ohnedies stigmatisierten, ausgegrenzten Minderheit in so großer Zahl zu vertreiben.

Rumäniens Außenminister Teodor Baconschi empörte sich gar: "Wenn eine ganze Volksgruppe kollektiv kriminalisiert wird, werden anstatt Lösungen Spannungen erzeugt". Recht hätte er - wenn man ihn ernst nehmen könnte. Denn nicht Frankreich ist ein Land, das in erster Linie dafür verantwortlich ist, dass die Mehrheit der Roma unter menschenunwürdigen Bedingungen lebt. Es sind vor allem Länder wie Rumänien, Bulgarien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien, die sie erbärmlich behandelt.

Als "Zigeuner" wurden und werden sie seit Jahrhunderten in ganz Europa verachtet. Wie Indianer zwang man sie zur Sesshaftigkeit. Mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems, das Roma und Sinti zumindest notdürftig versorgte, brach deren ohnedies nur zögerliche Integration in das westliche Werte- und Sozialsystem blitzartig zusammen.

Heute leben die meisten Roma in Osteuropa in Gettos, die in ihrer brutalen Armseligkeit daran erinnern, dass die Erste und die Dritte Welt auch im Europa des 21. Jahrhunderts Nachbarn sind. Dass diese Menschen heute EU-Bürger sind, kann man ihnen nicht ankreiden. Das haben jene europäischen Politiker zu verantworten, die Länder wie Rumänien trotz aller Bedenken partout rasch in die Union aufgenommen haben. Jetzt ist es müßig, darüber zu diskutieren und daher absurd, dass das EU-Land Frankreich EU-Bürger ins EU-Land Rumänien abschiebt - ganz abgesehen davon, dass die nun Vertriebenen über kurz oder lang wieder in Frankreich auftauchen werden.

Vor allem aber: Diese Art der Massenabschiebung, die gezielt eine bestimmte Volksgruppe trifft, erinnert fatal an das Grauen des Rassismus. Und gerade der Präsident Frankreichs sollte dabei seiner eigenen Wurzeln gedenken. Denn sein Vater war zwar ein ungarischer Adeliger. Aber der hieß genau so, wie Tausende Roma: Sarközy.

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