Alles schien perfekt zu passen: Der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg der rechtspopulistischen Freiheitspartei (PVV) unter ihrem weißblonden Anführer Geert Wilders war auf seinem Höhepunkt angekommen. Die Rechtspopulisten wechselten sich mit den regierenden Christdemokraten an der Spitze der Beliebtheitsskala ab. Ihre Agenda - Einwanderungsbegrenzung, Assimilation von Ausländern und der Kampf gegen Islamisierung - beherrschte die politische Debatte in den Niederlanden. Als just in dieser Situation im Februar die Regierung fiel, schien ein Wahlsieg der PVV realistischer denn je: erhofft von der einen, befürchtet von der anderen Hälfte des Landes.

Kopftuchverbot

Drei Monate später hat sich der Wind gedreht: Die Freiheitspartei liegt vor den morgigen Wahlen inzwischen nur noch auf Platz vier der Umfragen. Trotz ihres hervorragenden Abschneidens auf kommunaler Ebene schaffte sie es weder in Den Haag noch in Almere in die Stadtregierung. Ihr Festhalten an einem Kopftuchverbot in öffentlichen Institutionen beendete jegliche Koalitionsverhandlungen, bevor diese wirklich begonnen hatten.

Peinliche Pannen

Dazu kam bei vielen Wählern der Verdacht auf, die PVV fühle sich ohnehin in der Opposition am wohlsten. Dass sie auf Landesebene dort wohl bleiben wird, liegt auch an der Auswahl ihrer Kandidaten. Vier von diesen mussten wegen diverser Negativschlagzeilen kurz nach der Veröffentlichung der Listen ihren Platz umgehend wieder räumen oder zogen sich freiwillig zurück. Als sei dies nicht genug, eröffnete das Fraktionsmitglied Hero Brinkman in einer der wichtigsten Polittalkshows die Diskussion um die interne Struktur der Partei. Der Ex-Polizist sagte, er sorge sich um das Fortbestehen der PVV, deren einziges Führungsmitglied Wilders sei; von Kongressen oder Gremien der Partei sei ebenso wenig bekannt wie von einem von der Basis beschlossenen Programm. "Wir sind keine demokratische Partei", gab Brinkman offenherzig zu. Obschon das in den Niederlanden weithin bekannt ist, dürfte dieses Bekenntnis mitten im Wahlkampf der Parteileitung wenig zugesagt haben.

30 Milliarden Euro

Nachteilig für Geert Wilders Freiheitspartei wirkt sich zudem eine Entwicklung aus, auf die sie keinen Einfluss hat: Seitdem im April bekannt wurde, dass die neue Regierung zur Sanierung des Haushalts knapp 30 Milliarden Euro einsparen muss, dreht sich der Wahlkampf ausschließlich um sozioökonomische Themen. Bei diesen wird der PVV keine große Kompetenz zugeschrieben. Von Islamisierung oder Zuwanderung ist jetzt plötzlich nicht mehr die Rede.