Überschattet von den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche hat Papst Benedikt XVI. am Dienstag einen viertägigen Besuch in Portugal begonnen. "Der größte Angriff auf die Kirche kommt heute aus dem Inneren der Kirche selbst - durch die Sünde", sagte der Papst während des Fluges gegenüber Journalisten. "Heute sehen wir das in einer wirklich erschreckenden Weise." Die Missbrauchsfälle seien innerhalb der Kirche entstanden, nicht ausserhalb, sagte er. In Lissabon wurde er mit großer Freude und Hoffnung erwartet. Der Höhepunkt des Besuches erfolgt am Donnerstag, wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche zu Christi Himmelfahrt im weltberühmten portugiesischen Marienwallfahrtsort Fatima die Messe lesen wird.

Papstbesuch soll von Kirse ablenken

Portugal gehört mit einem Anteil von knapp 90 Prozent zu den katholischsten Ländern in Europa. Die Papstvisite ist seit Wochen Dauerthema. Für viele Portugiesen scheint der Besuch eine Art Ventil zu sein, um sich vom eigentlichen Dauerthema, der Wirtschaftskrise, ablenken zu können. Selbst Portugals sozialistischer Ministerpräsident José Socrates hat das erkannt. Obwohl Socrates mit der Liberalisierung der Abtreibung und des Scheidungsrechts den Zorn des Vatikans auf sich zog, sieht er den Papstbesuch nun als Segen und Ablenkung für sein krisengeschütteltes Land. Portugal steht das Wasser bis zum Hals. Die Neuverschuldung grenzt an griechische Verhältnisse, die Wirtschaft stagniert, der Sparkurs führt regelmäßig zu Massenprotesten der Staatsbeamten. Socrates erklärte den Donnerstag sogar zum arbeitsfreien Festtag im Öffentlichen Dienst, damit viele Portugiesen die Messe in Fatima mitverfolgen können. Diese Maßnahme stößt auf Kritik. "Das hilft nicht in Krisenzeiten", erklärte Gewerkschaftsführer Manuel Carvalho da Silva.

Homo-Ehe

Unterdessen hoffen die meisten Portugiesen mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung wohl auf den "himmlischen Beistand" des Papstes. Für die Regierung könnte es allerdings auch Kritik hageln. Erst im Jänner dieses Jahres hat das Parlament ein Gesetz zur gleichgeschlechtlichen Eheschließung beschlossen, das nun noch vom Staatspräsidenten ratifiziert werden muss.