Durch die Vorhänge schimmert die Nachmittagssonne, in der Ecke liegt eine schwarze Matte. Dass dies kein Gymnastikraum ist, erkennt man am Gitter um die Matte. Menschen, die hier zum Liegen kommen, üben nicht die Rolle rückwärts, sie wehren sich gegen das Asylgesetz - Eltern, die mit ihren Kindern kurz vor der Abschiebung stehen. Rasten sie deshalb aus, landen sie im Gitterkäfig.

Die schwarze Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hinterlässt ihrer Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner ein neues Asyl- und Fremdenrecht, diese Woche wird es der Nationalrat absegnen. Und eine Verbesserung für Familien: Seit Jänner kommen Eltern, die mit ihren Kindern abgeschoben werden, in den letzten Tagen davor nicht mehr in ein Gefängnis, sondern in ein ehemaliges Haus des Integrationsfonds am Rande Wiens - in die "Familienunterbringung Zinnergasse" mit Kuscheltieren und Gitterkäfig. Anlass dafür war die Abschiebung der achtjährigen Zwillinge Komani in den Kosovo, die letzten Herbst mit ihrem Vater in aller Früh von bewaffneten Polizisten aus ihrer Wohnung geholt worden waren. Fekters Image war damit unten durch. "Das war ein Verfahrensfehler", so Mikl-Leitner: "Das hätte nicht passieren dürfen."

"Dublin-Fälle"

78 Verhaftete sind seit Jänner durch die Türen der Zinnergasse hinein- und ungefähr 30 Stunden später hinausgegangen. 26 von ihnen waren Kinder. Die meisten sind "Dublin-Fälle". Das heißt, sie werden in jenes Land ausgewiesen, in dem sie das erste Mal EU-Boden betreten haben. Bei vielen Asylwerbern ist das Polen.

"Kinder nehmen das als gegeben hin, solange die Eltern dabei sind", sagt Josef Zinsberger, Leiter der Familienunterbringung. Das Haus sieht einem Gefängnis tatsächlich nicht ähnlich. Die Justizwachebeamten tragen Zivil. Die Familien sind in Wohnungen untergebracht, daneben gibt es Aufenthaltsräume, ein Spielzimmer. Untertags bewegen sich die Häftlinge in ihrem Stock frei, das Essen kommt aufs Zimmer.

Haus nicht verlassen

Das Haus verlassen dürfen die dort Inhaftierten aber nicht. "Menschen, die hier herkommen, sind festgenommen", sagt Zinsberger. Mitarbeiter des Vereins "Menschenrechte Österreich" helfen den Häftlingen in ihrer Muttersprache beim Ausfüllen der Formulare - finanziert vom Innenministerium. Zusätzlich kontrolliere der Menschenrechtsbeirat einmal im Monat, ob die Familien von den Beamten ordentlich behandelt würden, versichert Zinsberger.

Aber wozu muss man Familien 48 Stunden vor der Abschiebung noch festnehmen? Genau das erzürnte im Fall Komani die Öffentlichkeit. "Das ist ein verfahrensnotweniger Schritt", argumentiert man im Innenministerium. Anwalt Georg Bürstmayr vom Menschenrechtsbeirat sieht die Zinnergasse bloß als "symbolische Verbesserung". Sein Kollege, Menschenrechtsexperte Manfred Nowak befürchtet, dass es wegen der guten Ausstattung leichter werde, Familien mit Kindern einzusperren. Ein "Familiengefängnis" nennt Christoph Pinter vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat das Haus.