Seit wann wissen Sie, dass diese Herkulesaufgabe, manche sagen Himmelfahrtskommando auf Sie zukommt?

MICHAEL SPINDELEGGER: Seit Dienstag. In der Früh hat mich ein Anruf in Luxemburg erreicht. Da wusste ich, dass Josef Pröll alle politischen Ämter niederlegt, danach gab es viele Gespräche. Am späten Nachmittag habe ich mich entschlossen, ja zu sagen.

Mussten Sie gebeten werden?

SPINDELEGGER: Das klingt so, als würde jemand vor mir knien. Zwei Voraussetzungen habe ich formuliert: Dass ich ein breites Vertrauen erhalte und dass auch die personellen Konstellationen stimmen. Darum habe ich verlangt, dass ich mir mein Team aussuche.

Was überwiegt? Bauchweh oder Freude?

SPINDELEGGER: Beides hält sich die Waage. Das Bauchweh ist der Respekt vor dieser Aufgabe. Die Freude ist die Faszination an der Politik, die Möglichkeit zum Gestalten. Und diese ist jetzt in einem viel größeren Maß gegeben als als Außenminister.

Haben Sie wirklich so viel Spielraum angesichts der Bünde und der Länder?

SPINDELEGGER: Ich bin ja nicht erst seit gestern in der Welt der Politik, darum bin ich Realist. Aber klar ist, dass ich Freiheiten haben muss. Die Freiheit, das Team so aufzustellen, dass wir bis zur Nationalratswahl gute Arbeit leisten und dann vor die Wähler treten können.

Werden Sie als Spitzenkandidat 2013 in die Wahl gehen?

SPINDELEGGER: Natürlich, alles andere macht keinen Sinn.

Bleibt personell kein Stein auf dem anderen?

SPINDELEGGER: Das klingt so, als würde Tabula rasa gemacht werden, das ist sicherlich übertrieben. Auf der anderen Seite muss man sich überlegen, wo Veränderungen notwendig sind, damit wir den Bürgern glaubhaft vermitteln können, wir machen einen Neuanfang.

Wo gibt es Veränderungen?

SPINDELEGGER: In allen möglichen Bereichen. Ich werde versuchen, das so schnell wie möglich zu klären. Alles andere führt nur zu langen Spekulationen. Je schneller es geht, umso besser ...

Könnte also schon in der Karwoche sein?

SPINDELEGGER: Ja.

Wie viele wollen Sie auswechseln?

SPINDELEGGER: (lacht) Da bleibe ich bei dem, was ich schon gesagt habe. Ich bin gerade erst zum Parteiobmann gewählt worden, und dann muss ich das mit den betroffenen Personen besprechen.

Bleiben Sie Außenminister?

SPINDELEGGER: Auch das muss entschieden sein. Vorweg gibt es dazu keine Festlegung.

Könnte es sein, dass Sie etwa das Finanzministerium übernehmen?

SPINDELEGGER: Es darf keine Denktabus geben.

Wohin soll die Reise der ÖVP inhaltlich gehen?

SPINDELEGGER: Es wird Bereiche geben, wo man sich stärker auf den Wertekern, den wir haben, besinnt und andere, wo man stärker aufgrund gesellschaftspolitischer Realitäten aufmachen muss.

Wo muss sich die ÖVP öffnen? Bei der Bildung?

SPINDELEGGER: Wir haben Gesellschaftspolitik in vielen anderen Bereichen auch. Beim Familienrecht gibt es einen veritablen Streit über die Obsorge. Da sieht man die ganze Bandbreite. Da lege ich uns auch keine Denkverbote auf.

Bleibt die Regierung bis 2013 im Amt?

SPINDELEGGER: Aus meiner Sicht ja.

Ist es möglich, dass zwischen ÖVP und SPÖ das eine oder andere Ressort getauscht wird?

SPINDELEGGER: Nein, wahrscheinlich nein: