Wenn die Schweizer Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey heute in Wien mit Heinz Fischer und Werner Faymann spricht, geht es oberflächlich um wenig Dramatisches. Die Beziehungen beider Länder sind bestens. Die Schweiz ist der viertwichtigste Handelspartner Österreichs mit einem Handelsvolumen von 10 Milliarden Euro. Sie ist auch der viertwichtigste Investor. Wenn man Probleme suchen will, muss man an die Grenze gehen: Vorarlberger Unternehmen beklagen sich über bürokratische Hemmnisse bei der Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz. Allerdings hat dieses kleine Problem das Zeug, zu einem großen zu werden. Denn auch die anderen Nachbarn beklagen sich. Das EU-Parlament hat die Schweiz auch schon aufgefordert, die Hemmnisse zu beseitigen. Doch Bern steht unter dem Druck der Gewerkschaften, Lohndumping zu verhindern.

Austausch von Bankdaten

Überhaupt dürften die Beziehungen der Schweiz zur EU die Gespräche in Wien prägen. Denn auch Wien hat ein Anliegen: Eigentlich müsste Österreich bei den Guthaben anderer EU-Bürger in österreichischen Banken den automatischen Informationsaustausch einführen. Noch weigert sich Wien unter Verweis auf das ebenfalls abweisende Bern, das zu tun. Es hat kein Interesse, dass Bern gegenüber Brüssel einknickt.

Weg von der EU

Doch dieser Informationsaustausch ist für Bern nur noch ein - wichtiges - Nachhutgefecht im Kampf um die Reste des Bankgeheimnisses. Wenn sich eine Schweizer Außenministerin - und das ist Calmy-Rey im Hauptberuf - in Bezug auf die EU Sorgen machen muss, geht es um Grundsätzlicheres: Der EU-Ministerrat hat im Dezember erklärt, dass der bilaterale Weg in der bisherigen Form nicht mehr weiterführt. Wenn die Schweiz weitere Abkommen mit der EU abschließen will, gehe das nur, wenn sie nicht nur alles bisherige EU-Recht übernimmt, sondern auch alles Künftige. So will die Schweiz sich an den EU-Energiemarkt anschließen. Das ginge also nur noch, wenn sie künftig auf eine eigene Energiepolitik verzichtete. Für die Schweiz ist das nicht akzeptabel. Aber um sich in Brüssel durchzusetzen, braucht sie Freunde. Zum Beispiel in Wien. Für die Rechtspopulisten der Schweizerischen Volkspartei - mit 30 Prozent die mit Abstand stärkste Partei - ist die EU-Forderung ein gefundenes Fressen. Sie wollen sie nutzen, um die Schweiz wieder von der EU wegzurücken.