Es war ein verhängnisvolles Wort, das viele Portugiesen seit Wochen mit Sorge erwartet hatten: "Hilfe." In riesigen Lettern prangt es auf der Titelseite der Zeitung "Publico". Darüber ein Foto jenes Mannes, der es nicht schaffte, das Land aus dem Schuldenstrudel zu führen und kurz vor dem Untergang den Rettungsknopf drückte: Jose Socrates, sozialistischer Übergangs-Regierungschef, der vor zwei Wochen zurückgetreten war.

Den Ausschlag hatten jene Horrorzinsen gegeben, welche die Finanzmärkte Portugal zuletzt abknöpften. Vor Socrates Hilferuf hatten sich die Zinsen für einjährige Anleihen auf fast sechs Prozent geschraubt, für drei- bis fünfjährige Schuldpapiere musste Portugal den Anlegern mehr als neun Prozent Zinsen hinblättern. Zehnjährige Anleihen lagen nur knapp darunter und damit fast auf der Höhe des Pleite-Eurolandes Irland. "Das kann kein Staat lange aushalten", stöhnte man im Finanzministerium in der Hauptstadt Lissabon.

"Ich habe tagelang dafür gekämpft, dass dies nicht geschieht", sagte ein sichtlich angeschlagener Socrates. Er ahnte vermutlich, dass dieser Offenbarungseid das Ende seiner politischen Karriere einleiten dürfte. In der vorzeitigen Neuwahl des Parlamentes am 5. Juni räumen die Umfragen ihm und seinen Sozialisten keine Chance ein. Socrates war zurückgetreten, nachdem die Parlamentsmehrheit eine neue harte Sparrunde als "unzumutbar" abgelehnt hatte. Denn das erste Horror-Sparkatalog brachte nicht schnell genug die notwendige Etat-Entlastung. Mit der viel zu spät an die aufgeblähten Staatsangaben gesetzten Axt konnte der wachsende Vertrauensverlust an den Finanzmärkten nicht verhindert werden.

Pedro Passos Coelho, Vorsitzender der konservativen Sozialdemokraten: "Man kann einem Volk nicht Brot und Wasser verordnen." Passos Coelho, der vermutlich neuer Premier werden wird, fordert schon länger europäische Unterstützung und ging mit Socrates hart ins Gericht: Dieser habe in der Vergangenheit "ein illusorisches Bild eines Landes geschaffen, das keine Hilfe braucht und das die Sparziele erreicht, aber dies hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun".

Die Kirche befürchtet gar, dass im heute bereits ärmsten Land Westeuropas mehr Menschen "Hunger leiden" werden. Immer mehr Menschen holen sich in Suppenküchen ihr Essen. Der gesetzliche Mindestlohn liegt in Portugal bei mageren 475 Euro. Der Bischof der südportugiesischen Stadt Beja, Vitalino Dantas, vertraut offenbar nicht mehr auf die Politik. Statt dessen fleht er: "Wir brauchen ein Wunder."