Welche Bedeutung hat der heute in Brüssel beginnende EU-Gipfel? Was wird überhaupt beschlossen?

ANTWORT: Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs hat vor allem symbolische Bedeutung. Inhaltlich ist so gut wie alles in den letzten Wochen und Monaten von den Finanzministern und den Experten ausgehandelt worden. Offen sind nur noch ein paar Details. Beim Gipfel wird ein substanzielles Paket aus der Taufe gehoben, dessen Kern die Schaffung eines permanenten Euro-Krisenfonds für in Not geratene Euroländer ist. Außerdem wird der Stabilitätspakt verschärft.

Was verbirgt sich hinter diesem Eurokrisenfonds? Was ist überhaupt neu daran?

ANTWORT: Bisher haben die EU-Staaten in der Eurokrise vor allem improvisiert. Für Griechenland wurde ein 110 Milliarden Euro schweres Rettungspaket geschnürt. Unter dem Eindruck der irischen Krise wurde ein Rettungsfonds (ESFS) eingerichtet, dieser wird angesichts der portugiesischen und drohenden spanischen Turbulenzen auf den Kapitalmärkten von 250 auf 440 Milliarden Euro beim Gipfel aufgestockt. Ab 2013 soll es einen permanenten Hilfsfonds (ESM) geben.

Welche Summen werden für den neuen Rettungsschirm zur Verfügung gestellt? Was ist der Zweck der Übung?

ANTWORT: Eingerichtet wird ein permanenter Rettungsfonds ab 2013. Der ESM verfügt über eine Kreditsumme von 500 Milliarden Euro, die Kapitalausstattung umfasst 700 Milliarden. Sinn und Zweck der Übung ist es, für in Finanznot geratene Eurostaaten zu günstigen Bedingungen am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen und dies als Kredit weiterzugeben.

Was heißt das für das österreichische Budget? Was bedeutet das für den Steuerzahler?

ANTWORT: Damit der Fonds günstig Geld aufnehmen kann, wird er mit einem Grundkapital in Höhe von 80 Milliarden Euro ausgestattet. Österreich muss anteilsmäßig 2,27 Milliarden Euro einzahlen, den Löwenanteil tragen die Deutschen (siehe Grafik). Das wirkt sich nicht aufs Defizit aus, sondern "nur" auf den Schuldenstand.

Wie viel Geld hat Österreich bisher bereits flüssigmachen müssen? Was ist mit den Garantien?

ANTWORT: Für Griechenland sind bereits 790 Millionen Euro geflossen. Bei Irland mussten nur Garantien übernommen werden. Der ESM erzwingt eine Änderung des EU-Vertrags, Kanzler Faymann will von der einst versprochenen Volksabstimmung nichts mehr wissen. Österreich zahlt nicht nur cash, sondern übernimmt Garantien von 17 Milliarden.

Ist das nicht ein Wahnsinn? Warum sollen Länder, die gut wirtschaften, den anderen unter die Arme greifen?

ANTWORT: Länder wie Österreich haben die Wahl zwischen Pest und Cholera. Der Euro ist nun einmal eine Schicksalsgemeinschaft: mitgehangen, mitgefangen. Griechen, Iren und Portugiesen sich selbst zu überlassen, mag zwar populär sein. Zu befürchten ist aber, dass das Abseitsstehen - aufgrund der engen Verflechtung - zum Bumerang wird und Österreich in den Abgrund mitreißt.

Sind für die in Not geratenen Länder die günstigen Kredite nicht ein tolles Geschäft? Ist das nicht unfair?

ANTWORT: Das ist nur auf den zweiten Blick so. Der Einstieg ist an schmerzliche Auflagen geknüpft. Dies ist der Grund, warum sich die Portugiesen so lange zieren - und sich auch die Iren bis zuletzt dagegen gewehrt haben. Dublin will man heute das schmerzliche Zugeständnis abringen, dass sie die niedrigen Unternehmenssteuern wieder anheben.

Kann eines Tages auch Österreich in Schieflage geraten und zum Nutznießer des Rettungsfonds werden?

ANTWORT: Besser wäre es, wenn es nicht dazu kommt, denn dann wäre Österreich am Sand. Es gibt keine Anzeichen, dass Österreich in absehbarer Zeit in Not geraten könnte. Im EU-Vergleich stehen wir noch gut da. Gelingt die Konsolidierung des Budgets allerdings nicht, könnte es eines Tages noch ein böses Erwachen geben. Denn die Finanzmärkte sind bekanntlich gnadenlos.