Zum ersten Mal trat am Mittwoch der im vergangenen November neu gewählte US-Kongress zusammen. Das Bemerkenswerte daran: Zum ersten Mal seit 64 Jahren ist kein Mitglied der Familie Kennedy im amerikanischen Parlament vertreten. Patrick Kennedy, ein Sohn des 2009 verstorbenen Senators Edward Kennedy, hat mit dem Jahreswechsel sein Amt als Kongressabgeordneter niedergelegt. Damit wirkt kein Träger des berühmten Namens mehr in Washington.

Das Gesicht von Patrick Kennedy (43) kennt man kaum, zumindest nicht auf dem weltpolitischen Parkett. Zuletzt saß er acht Jahre lang als demokratischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus. Jetzt will sich der Neffe des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy ins Privatleben zurückziehen.

Schlagzeilen machte Patrick, als er 2006 mit seinem Sportwagen betrunken gegen eine der Barrikaden am Kongressgebäude krachte. Der Alkohol machte ihm zeitlebens zu schaffen, nach dem Unfall ließ er sich in die berühmte Mayo-Klinik zum Entzug einweisen.

Der Abgang von Patrick Kennedy ist das eher unrühmliche Ende der Kennedys in der hohen Politik. Amerika war immer schon fasziniert von der Familie. Fast hundert Jahre lang bestimmten die Dramen der Kennedys, ihre Karrieren und ihre Schicksalsschläge die Schlagzeilen. Die Regentschaft der Kennedys im Weißen Haus wurde "Camelot" genannt, in Anlehnung an den mythischen König Arthur von England.

Der Aufstieg der Kennedys begann mit Joseph Patrick Kennedy, dem Sohn irischer Einwanderer (der Name Kennedy leitet sich vom gälischen Wort "cinneidigh" ab, das übersetzt "schwarzer Kopf" bedeutet). Joseph P., dessen Großvater noch ein verarmter Bauer war, der Irland während einer Hungersnot verlassen musste, heiratete 1914 Rose, die Tochter von John Fitzgerald, der der erste irische Bürgermeister von Boston war.

Roosevelts Freund

Joseph P. Kennedy stieg zum Immobilienmagnat und Banker auf. Er war erster Vorsitzender der Börsenaufsicht SEC und gründete das Filmstudio RKO. Gemeinsam mit Gattin Rose zog er 1927 nach Hyannis Port im Bundesstaat Massachusetts, das heute noch der Familiensitz der Kennedys ist. Der Demokrat war ein Freund von Franklin D. Roosevelt, der 1933 US-Präsident wurde. Roosevelt machte Kennedy 1938 zum Botschafter in London. Schwer umstritten wegen seines antisemitischen, deutschfreundlichen und englandfeindlichen Kurses, wurde er zwei Jahre später abberufen. 1944 überwarf er sich mit Roosevelt, als John, das älteste seiner neun Kinder, im Krieg fiel.

Statt Joe Jr. war es nun der zweite Sohn, John F., der 1947 nach Washington ging und 14 Jahre später der erste und bisher einzige katholische Präsident der USA wurde. JFK, verheiratet mit der glamourösen Jackie Bouvier und Liebhaber von Filmstar Marilyn Monroe, wurde 1963 in Dallas erschossen - ein Mord, der die USA bis heute beschäftigt.

Vier Jahre später fiel auch sein Bruder Robert F. Kennedy einem Attentäter zum Opfer. Und Edward Kennedy, der Jüngste, stürzte mit seinem Auto in einen Fluss bei Chappaquiddick, wo seine Mitarbeiterin Mary Jo Kopechne ertrank. Viele vermuten, dass er betrunken war.

Zwei Flugzeugabstürze

Eine seiner Schwestern, Rosemary, starb nach einer missglückten Operation schwer behindert vor fünf Jahren in einer Heilanstalt; eine zweite, Kathleen, 1948 bei einem Flugzeugabsturz. Der "Fluch der Kennedys" schlug 1999 noch einmal zu, als auch JFKs Sohn John-John mit einem Kleinflugzeug abstürzte.

Ed Kennedys Karriere erholte sich nie ganz von Chappaquiddick. Der Vorfall kostete ihn, so glauben viele, die Nominierung für die Präsidentschaft. Aber der "Löwe von Washington" und langjährige Senator blieb dennoch politisch hoch aktiv. Obwohl schon schwer vom Krebs gezeichnet, unterstützte er tatkräftig den Wahlkampf von Barack Obama, stand kurz vor seinem Tod im Jahr 2009 dem Präsidenten auch zur Seite, als dieser die umstrittene Gesundheitsreform in Washington durchboxte.

Auch die dritte Kennedy-Generation hat prominente Vertreter in ihren Reihen, wenngleich keiner davon in Washington arbeitet: Robert F. Kennedy Jr. ist ein bekannter Umweltanwalt in New York, Caroline Kennedy, die Tochter von John F. und Schwester des verunglückten John-John, wurde als Senatorin von New York gehandelt, zog eine mögliche Kandidatur aber zugunsten von Hillary Clinton zurück. Und Bobby Shriver, ein Sohn von Eunice Kennedy, brachte es zum Bürgermeister von Santa Monica, einer reichen Vorstadt von Los Angeles.

Aber vielleicht ist die Ära der Kennedys doch nicht ganz vorbei: Arnold Schwarzenegger, bis vor wenigen Tagen noch republikanischer Gouverneur in Kalifornien, will, so heißt es, seine Karriere möglicherweise fortsetzen - und zwar als einer der Berater von Präsident Barack Obama. Und er ist ja bekanntlich mit einem Mitglied des illustren Kennedy-Clans verheiratet: mit Maria Shriver, einer Tochter von Eunice Kennedy.