Sie sagen selbst, von Ihrer Volksschulzeit wegen der Kriegswirren nicht viel mitgenommen zu haben. Es ist aber trotzdem etwas aus Ihnen geworden - ohne Ganztagsschule.

HANNES ANDROSCH: Ich war aber im Jahr 1947 ein halbes Jahr in Brüssel auf der Schule - natürlich eine Ganztagsschule. Den Reformstau im Bildungssystem kann man nicht leugnen. An der Ganztagsschule führt kein Weg vorbei - sonst leben wir hinterm Mond. Und seien wir ehrlich: Der Halbtagsunterricht ist doch eine Belastung für Kinder, Eltern und Lehrer. Man denke nur an den 150 Millionen Euro schweren Nachhilfemarkt.

Letztere hat man aber noch nicht jammern gehört.

ANDROSCH: Der Lehrstoff kann doch bis Mittag gar nicht untergebracht werden. Ich persönlich halte auch die Sommerferien für viel zu lang. Da kommt man mental außer Tritt. Ein Fußballer setzt sein Training ja auch nicht von Juli bis September aus. Und mit 15 Jahren haben wir die Katastrophe: Dann gibt es nämlich zu wenig lehrfähige Abgänger.

Sind denn vier Jahre Volksschule genug?

ANDROSCH: Nein, ich bin ganz eindeutig für das verpflichtende Vorschuljahr.

Sie sind für den Rückzug der Länder aus der Schulzuständigkeit. Wieso sollte der denn der Bund dafür wirklich mehr Kompetenz haben?

ANDROSCH: Ich kenne Länder, die Lehrer verrechnet haben, die es gar nicht gab - potemkinsche Lehrer quasi. Aber im Ernst: Die Schule gehört in eine Hand. In Bayern, das zwölf Millionen Einwohner hat, käme doch auch niemand auf die Idee, Bezirksschulinspektoren einzusetzen. Kein Mensch weiß, wofür die gut sind. Und ich bin der Meinung, dass Lehrer das auch so sehen. Mit der Bundeskompetenz wäre außerdem der parteipolitische Einfluss weg - kein Bereich ist so parteipolitisch verfangen wie die Schule.

Studiengebühren?

ANDROSCH: Unis sind keine Wärmestuben, daher: ja. Ich meine das aber nicht im Hinblick auf das Budget, sondern, um bessere Anreize für die Studenten zu setzen. Ebenso bin ich für wie Eignungstests. Ich höre, dass sich dort, wo es sie schon gibt, die Drop-out-Quoten von 60 auf fünf Prozent verringern lassen. Und ich will nicht, dass sich die jungen Leute selbst um wertvolle Jahre bringen.

Hehre Ziele, aber was, wenn sich die nicht umsetzen lassen?

ANDROSCH: Dann fallen wir weiter zurück im internationalen Vergleich und ich sage: Gute Nacht, Österreich! Daher muss das Motto lauten: Zukunft gestalten statt Zukunft verlieren.