Herr Strache, laut Umfragen ist die FPÖ erstmals seit Monaten Nummer eins bei den Wählern. Glauben Sie's?

HEINZ-CHRISTIAN STRACHE: Ich bin da immer sehr, sehr vorsichtig und grundsätzlich skeptisch.

Weil Sie und Ihre Partei in Umfragen meist viel besser sind als dann am Wahltag?

STRACHE: Auch. Das gab es auch umgekehrt schon. Da sind wir schlechter eingeschätzt worden, als es dann tatsächlich war. Für mich zählt nur die Arbeit, der konsequente Weg und dann am Ende das amtliche Ergebnis.

Müssen Sie überhaupt etwas tun? Ist nicht die zerstrittene Koalition der beste Wahlhelfer?

STRACHE: Das ist das eine, die enttäuschten SPÖ- und ÖVP-Wähler, aber dazu kommt auch der Zerfallsprozess des Teams Stronach, da kehren Wähler zurück.

Wie viel hat Sie das Team Stronach bei der Nationalratswahl im September gekostet?

STRACHE: Ohne diesen Mitbewerber hätte es zumindest die Chance auf Platz zwei gegeben, vor der ÖVP.

Trägt Ihre Politik auch etwas zum FPÖ-Höhenflug bei?

STRACHE: Ich glaube schon. Es liegt an vielen Faktoren, wenn man es richtig analysiert. Wie ich die Partei seit 2005 inhaltlich führe, das kommt auch an. Damit sind wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Deswegen sind wir jetzt bei den Frauen teilweise stärkste Partei.

Vielleicht deshalb, weil Sie angeblich so fesch sind?

STRACHE: Darauf kann man es nicht reduzieren. Ich glaube sehr wohl, dass es eine Frage von Inhalten, freilich auch Sympathie und des Auftretens ist.

Sie profitieren wohl am meisten von Protestwählern, oder?

STRACHE: Es ist nicht nur Protest. Achtung, das ist auch so eine Fehleinschätzung. In unseren Analysen sehen wir, dass wir, im Gegensatz zur Haider-FPÖ vor 2005, Wähler an uns gebunden haben. Wir spüren eine Wählertreue wie noch nie.

Was nützte es Ihnen, stärkste Partei zu werden, wenn Sie dann keinen Koalitionspartner finden?

STRACHE: Man sollte niemals nie sagen. Man soll auch nichts ausschließen. Das habe ich gelernt.

Wer kann denn ein Koalitionspartner sein? Alle außer der ÖVP sagen Ihnen dezidiert ab.

STRACHE: Na ja, das muss man philosophisch diskutieren. Die jetzige Parteispitze der SPÖ sagt Nein. Das heißt ja nicht, dass Werner Faymann bleibt. Wer weiß, was auch in der ÖVP an Neuerungen und Weiterentwicklungen passieren wird? Die lässt die Koalitionsfrage zumindest offen. Wir sind keine Hellseher. Außerdem gibt es in der SPÖ Druck vom Arbeitnehmerflügel, diese dumme Ausgrenzung gegenüber der FPÖ zu beenden. Ich glaube, dass die SPÖ vor einer Zerreißprobe steht, dass ein ziemlicher Kampf zwischen zwei Machtblöcken stattfinden wird.

Wann wird denn gewählt?

STRACHE: Da muss ich mich jetzt als Prophet versuchen. Natürlich gibt es Gerüchte, dass in der SPÖ aus taktisch-strategischen Gründen und wegen des Streits um die Steuerreform überlegt wird, die Regierung heuer noch platzen zu lassen. Nicht auszuschließen.

Das spielte aber nur der FPÖ in die Hände, oder?

STRACHE: Wenn vorzeitig gewählt wird, geht die SPÖ das Risiko ein, dass wir stärkste Partei werden.

Sind Sie darauf vorbereitet?

STRACHE: Ich würde mir natürlich Wahlen so rasch wie möglich wünschen. Ja, wir sind vorbereitet, auch finanziell geht es.

Sie wollen nächsten Herbst auch Wiener Bürgermeister werden. Wie geht das zusammen?

STRACHE: Ja. Ich glaube, bei den Wiener Landtagswahlen ist ein Umbruch möglich. Als Bürgermeister würde ich Parteichef bleiben, aber die Führung des Klubs im Nationalrat abgeben.

Wenn Sie das alles seriös meinen, müssen Sie sich ja auf vielen Ebenen vorbereiten. Tun Sie's?

STRACHE: Das stimmt.

Erzählen Sie mehr darüber?

STRACHE: Ich werde natürlich nicht alles aus dem Nähkästchen ausplaudern. Was die Köpfe betrifft, arbeiten wir seit Jahren daran, einen sehr, sehr tollen Apparat von Fachkräften zu sammeln.

Wo sind denn diese Leute?

STRACHE: In Arbeitskreisen, wo wir Regierungsprogramme und Inhalte formulieren und Gesetze abklopfen. Viele Fachleute betreiben das nicht offen, weil sie wissen, dass FPÖ-Nähe oft berufliche Nachteile haben kann.

Haben Sie auch schon ein Schattenkabinett für den Bund?

STRACHE: Da gibt es viele Persönlichkeiten. Innenminister könnte ein HC Strache oder Harald Vilimsky sein, es könnte einen Sozialminister Herbert Kickl geben. Unser Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer wäre ein ausgezeichneter Umweltminister. Wir haben tolle Juristen wie Walter Rosenkranz, Johannes Hübner oder Harald Stefan, die zum Beispiel einen exzellenten Justizminister abgeben könnten.

Müssen Sie zur Vorbereitung aufs Regieren nicht auch im Ton moderater werden?

STRACHE: Ich glaube, das ist schon sichtbar geworden. Natürlich habe ich mich entwickelt seit 2005. Ich bin auch ruhiger, abgeklärter, gescheiter geworden.

Im Parlament schlagen Sie aber oft rüde Töne an.

STRACHE: Manchmal ist es wichtig, auch Emotion zu zeigen und Verantwortlichen ein bisschen ein Feuer unterm Hintern zu machen. Die Überspitzung ist kein Dauerzustand. Meine Wortwahl heute ist eine sehr überlegte.

Ein FPÖ-Chef, der Kreide gefressen hat? Ganz was Neues.

STRACHE: Wir machen weiter kantige Oppositionspolitik, aber wir haben mit Extremismus und Nazismus nichts zu tun, haben mit Antisemitismus nichts zu tun, ganz im Gegenteil.