Durmak Yok Yola Devam" -der Schlachtruf der AKP, "Es gibt kein Halten, der Weg muss weitergehen", schallte es gestern Mittag durch das Kongresszentrum in Ankara, als der stellvertretende Parteivorsitzende Mehmet Ali ?ahin verkündete, was alle erwartet hatten. Die Partei, kündete er mit bebender Stimme an, habe sich nach langem Ringen entschieden, Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo?an als Präsidentschaftskandidaten ins Rennen zu schicken.

Die Veranstaltung in der türkischen Hauptstadt glich einer Krönungsmesse für den Messias der neuen Türkei. Personenkult pur, als über die Leinwand zunächst ein Film über die Erfolge der Regierung flimmerte und danach eine sentimentale Hommage an die Person Erdo?an.

Dieser begann seine Rede mit einem Gebet, in dem er Gott um den Sieg bei der Wahl am 10. August bat. Danach inszenierte er sich als Retter der Beladenen und Entrechteten und versicherte, mit ihm, Erdo?an, sei das Land endlich wieder in der Lage, seine Bürger mit Stolz zu erfüllen. "Niemand wird uns bremsen können." Erdo?ans Rede flimmerte auf allen TV-Kanälen, in den Teehäusern starrten die vom Ramadan geplagten Bürger auf die Bildschirme. Ab jetzt beginnt für Erdo?an das Rennen mit dem Ziel, bereits in der ersten Wahlrunde am 10. August die 50 Prozent plus eine Stimme zu schaffen. Letzte Umfragen sehen ihn bei rund 51 Prozent oder mehr. Schon der Vorlauf bis zu seiner Erklärung gestern war eine propagandistische Meisterleistung. Seine Spindoktoren schafften es, mit dem Thema "Wird er antreten oder nicht?" wochenlang die Schlagzeilen zu beherrschen.

Das Zögern von Erdo?an hat Gründe. Ursprünglich wollte er nur antreten, wenn zuvor die Verfassung von einer parlamentarischen zu einer Präsidialdemokratie verändert worden wäre. Jetzt bleibt die exekutive Macht jedenfalls auf dem Papier beim kommenden Ministerpräsidenten, weshalb die Türkei schon seit Wochen spekuliert, wen Erdo?an als seinen Ministerpräsidenten einsetzen wird. Flügelkämpfe drohen.

Erst am Montag hatte die kurdische HDP ihren Kandidaten verkündet: ihren stärksten Mann Selahattin Demirta?. Gelingt es ihm, über die Kurden hinaus auch einen Teil der Linken für sich zu gewinnen, könnten bis zu zehn Prozent für ihn möglich sein.

Und da sich die sozialdemokratisch-kemalistische CHP und die Ultranationalisten von der MHP gemeinsam auf einen Kandidaten, den gemäßigten Islamisten Ekmeleddin Ihsano?lu, geeinigt haben, könnte es durchaus sein, dass Erdo?an keine Absolute bekommt.