Die "Bushies" sind wieder da. Während Barack Obama noch überlegt, ob und wie er auf den Vormarsch der ISIS-Dschihadisten reagieren soll, wagen sich die Architekten des Irak-Einmarsches von 2003 mit herber Kritik am US-Präsidenten aus der Deckung - allen voran Ex-Vizepräsident Dick Cheney. Der sagt jetzt, selten habe ein US-Präsident "so vieles auf Kosten so vieler falsch gemacht". Gemeint ist aber nicht etwa Cheneys früherer Chef George W. Bush, sondern Barack Obama.

Im "Wall Street Journal" bläst der heute 73 Jahre alte Cheney zur Attacke auf den Amtsinhaber im Weißen Haus. Obama hätte die Eskalation der Gewalt im Irak verhindern können, wenn er nur ein Abkommen mit dem Irak zustande gebracht und eine Resttruppe von US-Soldaten im Land belassen hätte. Stattdessen habe Obama Ende 2011 die letzten US-Soldaten nach Hause geholt. Das Ergebnis, so Cheney: "Der Irak läuft Gefahr, in die Hände einer radikal-islamischen Terrorgruppe zu fallen - und Mr. Obama spricht über den Klimawandel."

Über seine eigene Rolle im Irak-Krieg verliert der frühere Bush-Vize kein Wort. Cheney war der Chefpropagandist des Krieges gegen Saddam Hussein. Um den Einmarsch im Irak zu rechtfertigen, war Cheney um kein falsches Wort verlegen. 2002 etwa verkündete er: "Es besteht kein Zweifel daran, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen hat. Es besteht kein Zweifel daran, dass er sie anhäuft, um sie gegen unsere Freunde, gegen unsere Verbündeten und gegen uns einzusetzen." Überdies, so Cheney damals, habe Saddam Hussein seinen Anteil an den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA gehabt.

Jetzt droht wieder ein Krieg

Wie man aber heute weiß: Beide Behauptungen waren falsch. Dennoch zogen die USA in den Krieg. Dort starben 4500 US-Soldaten und bis zu eine halbe Million Iraker kam ums Leben.

Jetzt droht im Zweistromland wieder ein großer Krieg. Die Lage Hunderttausender Iraker, die vor der Terrorgruppe ISIS geflohen sind, ist laut UN-Angaben besorgniserregend. Bisher habe etwa eine halbe Million Frauen, Kinder und Männer aus Furcht vor Übergriffen die zweitgrößte irakische Stadt Mossul verlassen, teilte das UN-Büro für die Koordinierung von Nothilfe (OCHA) gestern in Genf mit. Zehntausende weitere seien aus den benachbarten Provinzen Diyala und Salaheddin geflohen.

Jetzt plant das irakische Militär eine Großoffensive, um den Vormarsch der ISIS-Terroristen auf Bagdad zu stoppen - womöglich mithilfe der USA, für die laut Einschätzung von UNO-Chef Ban Ki-moon kein UN-Mandat nötig wäre, da der Irak die USA ja offiziell um Hilfe gebeten hat. US-Präsident Barack Obama ist dazu offenbar nun tatsächlich bereit, wenn auch nur bedingt. Soldaten will er zwar keine schicken, dafür aber bis zu 300 Militärberater . . .