"Es darf nichts mehr da sein, schaff alles Geld aus dem Haus". Mit diesen Worten beginnt der Mitschnitt eines Telefonats, dass der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan angeblich am frühen Morgen des 17. Dezember von Ankara aus mit seinem Sohn Bilal in Istanbul führte. Kurz zuvor hatte Erdogan erfahren, dass im Morgengrauen Sonderermittler der Staatsanwaltschaft mehr als 50 Leute aus seinem Umfeld verhaftet hatten, darunter drei Ministersöhne, denen allesamt schwere Korruptionskriminalität angelastet wird. "Die Wohnungen der Ministersöhne werden durchsucht", sagte Erdogan zu seinem Sohn, "du musst schnellstens alles wegschaffen".

Die nun im Internet auf "You Tube" veröffentlichten insgesamt fünf Telefonate des türkischen Ministerpräsidenten mit seinem Sohn vom 17. Und 18. Dezember 2013 sind der letzte Höhepunkt in einer seit Monaten andauernden Schlammschlacht zwischen der Regierung und so genannten "Parallelstrukturen" im türkischen Staatsapparat, hinter denen Erdogan und nahezu sämtliche politischen Beobachter in der Türkei die islamische Gülen-Bewegung vermuten.

Obwohl es bereits länger am Bosporus zum schlechten Stil gehört, politische Gegner mit illegal mitgeschnittenen Telefon- und Videoaufnahmen zu diskreditieren, sind die jetzt veröffentlichten Mitschnitte der ersten Familie des Landes auch für das türkische Publikum schwer zu verdauende Kost. Als Erdogan seinen Sohn im vierten Telefonat am Nachmittag des 17. Dezember fragt, ob er nun alles zur Seite geschafft habe, sagt dieser: "Ja fast, nur noch 30 Millionen Euro sind übrig". Erdogan ließ umgehend eine Erklärung veröffentlichen, in der er die Telefonmitschnitte eine "plumpe Fälschung" nannte.