Es war eine beeindruckende Machtdemonstration. Zehntausende Regierungsgegner haben am Montag die wichtigsten Verkehrsadern in der thailändischen Hauptstadt Bangkok blockiert. Schon in der Nacht wurden an Schlüsselkreuzungen Barrikaden errichtet. Es herrschte buntes Treiben von fähnchenschwingenden Demonstranten. Sprecher feuerten die Menge an.

Der "Shutdown" verlief zunächst friedlich. Soldaten waren keine zu sehen. Gerüchteweise soll die mächtige Armeeführung im Hintergrund die Fäden ziehen, um Premierministerin Yingluck Shinawatra mit einem friedlichen Massenaufmarsch zum Rücktritt zu zwingen - was Armeechef Prayuth Chan-ocha einen Putsch ersparen würde.

Doch mit jeder Stunde, die der Protest andauert, wächst die Gefahr einer Eskalation. Denn Protestführer Suthep Thaugsuban schließt einen Kompromiss aus: "Es wird nur einen Gewinner geben", tönte er. Und auch Yingluck will nicht weichen. Sie ist immerhin legitim gewählt. Noch halten sich ihre Anhänger, die sogenannten "Rothemden", zurück.

Doch das mit wunderbaren Menschen, reichen Böden und prächtiger Natur beschenkte Königreich schlittert immer tiefer in eine Krise, aus der die bis aufs Blut verfeindeten politischen Cliquen keinen Ausweg finden.

Dies umso mehr, als das eigentliche Problem des Landes ein absolutes Tabuthema ist: König Bhumibol Adulyadej, bisher Stabilitätsgarant, ist alt und schwach, und seine Thronfolge ist ungelöst. Strikte Gesetze zur Majestätsbeleidigung verhindern jede Diskussion. Auch in Thailands gegenwärtigem Konflikt geht es um die Positionierung von Eliten und Sippen für die Verteilung der Pfründen nach dem Tag, an dem mit dem Tod des greisen Monarchen eine neue Zeitrechnung anbrechen wird.

Die Eliten hetzen das Volk gegeneinander auf. Wie der schwerreiche Protestführer Suthep Thaugsuban, dessen Partei der Demokraten seit zwei Jahrzehnten keine Wahlen mehr gewann, während seine Erzfeinde der armen Provinzbevölkerung Basisrechte und Zugang zu Kapital verschafft haben - auf Kosten der alten Eliten. Suthep will Reformen. Welche? Selbst dem naivsten Beobachter springt ins Auge, wie Bangkoks alte Elite die aufmarschierenden Regierungsgegner als Vehikel nutzt, um das zurückzufordern, was sie an den Populisten Thaksin Shinawatra verloren hat, der - einst selber Premier - seiner Schwester die Regierungsgeschäfte jetzt aus dem Dubaier Exil diktieren soll.

Und so entwickelt sich Thailand rückwärts. Das Damoklesschwert eines Putsches hängt über dem Königreich. Sollte die Regierung abermals vom Militär gestürzt werden, werden sich die schon wieder um ihre Stimme betrogenen Massen mobilisieren und zum Kampf gegen die als arrogant empfundene Bangkoker Elite aufrufen. Einst Vorzeigenation, ist Thailand heute das Sorgenkind Südostasiens.