Herr Strache, glauben Sie auch an den Automatismus, von dem viele reden, dass Sie schon bei der nächsten Wahl Erster werden? HEINZ-CHRISTIAN STRACHE: Nein, automatisch gibt es im Leben gar nichts. Es besteht die Möglichkeit, sie wird aber nur durch konsequentes, ehrliches Arbeiten erreichbar sein.

Müssten Sie nicht weniger Empörungs- und mehr Sachpolitik machen, um stärker zu werden? STRACHE: Die Bürger haben schon bei der letzten Wahl mitbekommen, dass ich genau dort meine Prioritäten setze. Ich bin einer, der differenziert, seine Position ruhig, sachlich vorträgt.

Tatsächlich? Im Parlament ist davon nichts zu bemerken. Kommt jetzt ein Strache neu? STRACHE: Das ist kein Strache neu, aber einer, der auch reifer, mit 35 Parteiobmann geworden ist, längstdienende Erfahrung hat und sich weiterentwickelt.

Was haben Sie davon, wenn Ihre FPÖ zulegt, jedoch keiner mit Ihnen regieren will? STRACHE: Das ist richtig. Wir waren Wahlsieger, aber die anderen Parteien sind noch nicht so weit. Das sieht man an der dümmlichen Ausgrenzung der SPÖ. Es wäre doch vernünftig, endlich miteinander zu reden. Das wäre normale Demokratie.

Versperrt Ihnen nicht Ihre Anti-Ausländer-Politik und Anti-EU-Haltung den Weg ins Kanzleramt? STRACHE: Das ist eine falsche Analyse. Bei der Zuwanderung halte ich immer klar und deutlich fest, dass die Frage von Anstand und Charakter keine Frage von Kultur und Herkunft ist. Entscheidend ist, ob die Menschen, die zu uns kommen, unsere Erwartungen erfüllen und entsprechende Leistungen bringen. Und wir sind nicht europafeindlich.

Ein EU-Austritt ist keine FPÖ-Position mehr? STRACHE: Wir sehen, dass Europa auf einem falschen Weg ist. Wir wollen keinen Bundesstaat, sondern ein föderales Europa. Heraus aus der EU wollen wir zurzeit nicht. Das könnte aber eine Notwehrmaßnahme sein, wenn Europa zentralistischer wird.

Mit dieser Einstellung werden Rot oder Schwarz kaum mit Ihnen koalieren können, oder? STRACHE: Ich höre zumindest, dass diese beiden auch keine Selbstaufgabe Österreichs wollen.

Prominente Parteigänger wie der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer fordern, die FPÖ müsse sich auf ein Regieren, Mitregieren gründlich vorbereiten. Haben Sie damit schon begonnen?STRACHE: Wir bereiten uns aufs Regieren vor, selbstverständlich. Und wir haben klare Vorstellungen und viele Festlegungen für ein Regierungsprogramm.

Nämlich? STRACHE: In der Sicherheitspolitik, gesellschaftspolitisch, familienpolitisch, immer zum Vorteil unserer Bevölkerung. Dazu käme der Mechanismus einer ausgebauten, dann stärkeren direkten Demokratie.

Stimmt die Analyse Hofers, die FPÖ benötige jetzt mehr Nüchternheit, inhaltliche Tiefe und präzisere Vorbereitung, um regieren zu können? STRACHE: Dreimal ja. Das ist die richtige Analyse. Wir haben drei Regierungsbeteiligungen erlebt. Die letzte mit der ÖVP war inhaltlich falsch und ist auch personell gescheitert. Daraus haben wir gelernt und bereiten uns vor, diesen Fehler nicht noch einmal zu machen.

Hätten Sie bereits Personal zum Regieren? Etwa Generalsekretär Herbert Kickl als Innenminister? STRACHE: Es gibt unterschiedliche Persönlichkeiten. Herbert Kickl ist einer der besten Sozialpolitiker, die wir haben.

Also Kickl als Sozialminister? STRACHE: Das wäre eine Möglichkeit. Muss nicht sein. Wir haben auch unseren Steuerrechtsexperten Hubert Fuchs. Wir könnten das jetzt lange durchspielen. Ich sage Ihnen, 80 Prozent der Österreicher könnten den Job so gut erfüllen wie die aktuellen Minister, bei dem Niveau.

Um vernünftig regieren zu können, braucht man auch Fachleute verschiedener Disziplinen. Die FPÖ hat aber im Gegensatz zu SPÖ und ÖVP keine Arbeiterkammer oder Wirtschaftskammer, wo sie fachlich andocken kann. STRACHE: Wir haben Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen, auch Universitätsprofessoren, die oft aus Idealismus, in der Regel aber anonym für uns arbeiten, um keine Nachteile bei ihren Karrieren oder bei Aufträgen zu haben. Der Unterschied zu Rot und Schwarz ist auch, dass wir in den Kammern oder Gewerkschaften nicht Hunderte Leute haben, die eigentlich indirekt Angestellte dieser Parteien sind.

Sie bereiten sich also strategisch inhaltlich und personell vor? STRACHE: Ja, selbstverständlich. Wir haben uns zum Beispiel bei den Mitarbeitern schon qualitativ verstärkt und verfügen inzwischen über 500 bis 600 Experten, großteils aus Österreich, auf die wir zugreifen können. Das sind Ökonomen dabei, Verfassungsexperten und viele andere.

Die FPÖ veranstaltet ihren Parteitag am Samstag in Graz. Was wird die Kernbotschaft sein? STRACHE: Wir verabschieden einen Leitantrag zur Europawahl im Mai.

Interessiert Ihre Wähler diese Wahl, Europa überhaupt? STRACHE: Ja, unsere Wähler sind durchaus von gewissen Fehlentwicklungen in der EU betroffen...

... von denen Sie immer reden, empört und aufgeregt erzählen. STRACHE: Nein, nein, den Leuten brennen Themen wie der Euro und Sozialpolitisches unter den Nägeln, zum Beispiel die Massenarbeitslosigkeit. Sie erreicht auch bei uns schon eine erschreckende Dimension. Das AMS rechnet für Jänner bereits mit 450.000 Arbeitslosen. Wir wissen, dass diese rot-schwarze Regierung immer mehr Kompetenzen nach Brüssel abgibt.

Das ist aber nicht der Grund für steigende Arbeitslosigkeit. STRACHE: Aber durch diese Abtretungen gibt es immer weniger Möglichkeiten gegenzusteuern. Deshalb muss man bei der EU-Wahl gegensteuern.

Wird Andreas Mölzer wieder EU-Spitzenkandidat sein? STRACHE: Wir setzen auf Neues und Erfahrung. Mölzer wird Teil der EU-Doppelspitze sein. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen, weil es noch nicht fix ist.