Strache vs. Glawischnig

Mit der denkbar gegensätzlichsten Kombination haben Donnerstagabend die TV-Duelle zur Nationalratswahl im ORF begonnen: FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache traf live auf Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Dabei wurde die Zeit nicht nur dazu genutzt, bekannte Positionen zu bekräftigen, im Mittelpunkt standen vor allem die Warnungen beider Spitzenkandidaten vor der Wahl der jeweils anderen Partei. Eine entspannt-amikale Atmosphäre brauchten die Zuseher bei diesem Auftakt der TV-Duelle nicht zu erwarten. "Wir sind per Sie", beantwortete Strache die einführende Frage von Moderatorin Ingrid Thurnher, "immer schon gewesen", bekräftigte Glawischnig sogleich. Die FPÖ habe in Österreich viel Schaden angerichtet, stieß die Grünen-Chefin sogleich die erste Warnung vor dem Gegenüber aus, was der FPÖ-Chef sogleich als "Hass gegen meine Person und die Freiheitliche Partei" erkannte.

Mit dem Einsatz von Taferln, wie ihn seinerzeit Jörg Haider in Fernsehdiskussionen salonfähig gemacht hatte, versuchte Glawischnig, ihre Warnung vor der freiheitlichen Bedrohung zu untermauern: Die Brüder Uwe und Kurt Scheuch, die Abgeordnete Susanne Winter - allesamt "rechtskräftig verurteilt". Den abgewählten Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler habe man mit einem Bundesratsmandat "versorgt", mit Korruption sei in den blauen Reihen nie aufgeräumt worden. Strache replizierte, dies sei alles vor seiner Zeit als Obmann geschehen, selbst in Kärnten herrsche mit der Eingliederung der FPK in die FPÖ nun Ordnung. Seine Warnungen galten vor allem einer grünen Regierungsbeteiligung: "Dort wo Sie regieren, ist Chaos." Als Argumente führte er etwa die heftig diskutierte Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße an. Glawischnig kam nicht umhin den Zusehern zu erklären, worum es sich bei der Wiener Attraktion eigentlich handelt, und beteuerte, weiter Meinungen dazu einzuholen.

Dass die Grünen österreichische Zustände pauschal als korrupt (und in Anlehnung an die jüngste Plakatkampagne "belämmert") sehen, wollte Glawischnig nicht gelten lassen. Dennoch würden Standortrankings ein solches Bild vermuten lassen, was sie abermals der FPÖ anlastete. Statt weitere Taferln zog die Grünen-Chefin einen Erlagschein für Strache hervor, damit dieser dem Urteil des Gerichts nachkommen könne, Geld im Zuge der Causa Telekom zurückzuzahlen. Strache verwies abermals auf "Privatpersonen". Auch beim Thema Zuwanderung schenkten einander Strache und Glawischnig erwartungsgemäß nichts. Da half auch Straches Beteuerung nichts, er finde es "absolut in Ordnung", wenn Österreich nun 500 syrische Flüchtlinge aufnimmt. Glawischnig warf dem FPÖ-Chef vor, auch bei diesem Thema sofort wieder auf den "Missbrauch" anderer Asylwerber zu kommen. Mitgefühl sei "nicht nur ein christlicher Wert, auch ein ganz wichtiges menschliches Empfinden", versuchte Glawischnig, Verständnis für alle Flüchtlinge zu demonstrieren.

Beim Thema Arbeitslosigkeit und Mindestlohn schafften es die beiden Spitzenkandidaten sogar, mit ähnlichen Ansätzen und Denkweisen beinahe in Streit zu geraten. Beim Thema Koalitionswünsche fanden sie das Gemeinsame lediglich in unklaren Antworten. Nur so viel: Während Strache mit "jeder Partei, von der SPÖ bis zu den Grünen" bei gemeinsamen Positionen regieren würde, schließt Glawischnig eine Zusammenarbeit mit der FPÖ weiters dezidiert aus: "Die FPÖ darf man auf keinen Fall mehr in einer Regierung lassen". Dass auch private Sympathie zwischen Glawischnig und Strache auf immer und ewig ausgeschlossen sein dürfte, bewies Glawischnig, als diese auf die Fotos ihres Gegenübers mit nacktem Oberkörper zu sprechen kam: "Ich bin mit Volker Piesczek verheiratet. Ich bin schwer zu beeindrucken, was Oberkörper betrifft", huldigte sie während der ORF-Politshow ihrem ATV-Star zu Hause.

Bucher versus Stronach

Streckenweise skurril ist am Dienstagabend die ORF-TV-Konfrontation zwischen BZÖ-Obmann Josef Bucher und Team-Stronach-Gründer Frank Stronach verlaufen. Dies war unter anderem der Tatsache geschuldet, dass sich Moderatorin Ingrid Thurnher der Aufgabe verschrieben hatte, herauszufinden, was der Austro-Kanadier im Detail für Österreich plant. Die beiden Kontrahenten gingen zumindest anfangs wenig konfrontativ aufeinander los, im Laufe der Diskussion allerdings wurden dann doch reichlich "Nettigkeiten" ausgetauscht. Und: Man duzte sich. Wer erwartet hatte, dass Bucher und Stronach, die immerhin derzeit Gegner in einem Zivilprozess sind, gleich zusammenkrachen, wurde enttäuscht. Zwar widmete man sich anfangs der Frage, wie genau Stronach um Bucher geworben hatte und wie das Geld - Bucher spricht davon, dass ihn Stronach um 500.000 Euro habe "kaufen" wollen - versprochen wurde. So richtig aggressiv wurde diese Vergangenheitsbewältigung aber nicht betrieben. Bucher durfte sich von Stronach einmal mehr attestieren lassen, ein "netter Bursch" zu sein und bedankte sich mit dem Hinweis, dass er - Bucher - immerhin ein lupenreiner Demokrat sei.

Auch andere Argumente Stronachs sind bereits früher zu hören gewesen: In Österreich gebe es nur Berufspolitiker, die keine Ahnung von Wirtschaft hätten - Bucher sei einer von ihnen. "Ich glaube kaum, dass du eine gute Stelle finden würdest", kam der Parteigründer dann schon ein bisschen mehr in Fahrt. Zudem zieh er Bucher der Lüge. Bucher versuchte, mit Stronachs Steuerangelegenheiten zu kontern. Er spielte darauf an, dass der Austrokanadier immer wieder ausreisen muss, um nicht zur Gänze in Österreich steuerpflichtig zu werden. "Wenn du alles hier versteuerst, dann darfst du 365 Tage in Österreich sein. Das ist doch großartig!", so sein "Tipp" Richtung Stronach. Würde dieser sein gesamtes Einkommen hierzulande versteuern, "dann würdest du deinem Land am meisten dienen".

Inhaltlich ging es um die Steuermodelle der beiden Parteien, wobei spätestens hier Stronach Redezeit anhäufte, da die Moderatorin durch Nachfragen versuchte, einen Steuersatz in seinem Modell herauszufinden ("Lassen Sie uns doch ein bisschen wissen, was Sie denken!"). Der Parteigründer allerdings wurde nicht wirklich konkreter, dafür ungnädiger und warf dem ORF schließlich vor, Zeit zu "vertrödeln". Auch Wirtschaftskonzepte kamen aufs Tapet sowie Ideen für Wege Österreichs aus der Eurokrise - doch ein wirklicher Austausch der Positionen kam nicht zustande. Bucher musste dafür mit Thurnher darüber streiten, ob das BZÖ für die Kärntner Verschuldung verantwortlich ist (nein, meinte er).

Der BZÖ-Obmann, den im vergangenen Jahr reihenweise Mitarbeiter Richtung Stronach abhandengekommen sind, betonte, dass ein Wechsel in dessen Team für ihn weiter nicht infrage komme. "Mit mir ist sicher nicht zu rechnen. Ich bleib beim BZÖ." Stronach gab vor, seine soziale Ader zu zeigen - "Wenn er arbeitslos ist, geb ich ihm ein Geld." Das Angebot Buchers, Pensionistensprecher bei den Orangen zu werden, nahm er offenbar ebenso wenig ernst wie der BZÖ-Obmann selbst. Zumindest bei der Redezeitverteilung zog Bucher den Kürzeren: Er schloss mit 13,14 Minuten ab - Stronach hatte 17,46 Minuten das Wort geführt.