Es soll eine große Machtdemonstration werden: So will es das Militär, und die Propaganda der allesamt militärfreundlichen Fernsehsender trommelt mit. Der islamistischen Muslimbruderschaft - und der Welt - soll an diesem Freitag gezeigt werden, dass die Mehrheit der Ägypter treu zum Militär steht, das am 3. Juli den gewählten Präsidenten und Islamisten Mohammed Mursi abgesetzt hat.

Dem Aufruf der Armeeführung zu landesweiten Massenkundgebungen schlossen sich die meisten nicht-islamischen Kräfte an. Darunter sind die junge anti-islamistische Protestbewegung Tamarod (Rebellion) und die Nationale Rettungsfront des Übergangs-Vizepräsidenten Mohammed El-Baradei, nicht aber die revolutionäre Bewegung 6. April. Diese war maßgeblich am Aufstand gegen den Langzeitmachthaber Hosni Mubarak im Jahr 2011 beteiligt.

Aber auch die Muslimbruderschaft, aus deren Reihen Mursi kommt, macht für Freitag mobil. Sie hat sich mit seiner Absetzung nie abgefunden. Fast täglich lässt sie ihre Anhänger aufmarschieren. An manchen Freitagen waren es durchaus viele Hunderttausende. Jetzt will das Gegenlager ihnen die Straße nicht mehr alleine überlassen. "Noch nie waren die Ägypter so leidenschaftlich und so aggressiv gespalten", schrieb die Al-Jazeera-Reporterin Sherine Tadros in einem Kommentar am Donnerstag.

Doch selbst wenn die Situation zum Zerreißen gespannt ist - ein Interesse an Zusammenstößen hat bei dieser gegenseitigen Machtdemonstration keine der beiden Seiten. Die Islamisten, in letzter Zeit ohnehin eher die Opfer von Angriffen als Urheber von Krawallen, werden sich hüten, gegen Demonstranten vorzugehen, die das Militär mit all seiner Macht schützen wird.

Der Armee scheint es wiederum darum zu gehen, den weiteren Weg zur Abrechnung mit den Islamisten zu ebnen. Zu den Massenaufmärschen aufgerufen hatte der mächtige Armeekommandeur General Abdel Fattah al-Sisi. Das "Volk" möge ihm auf diese Weise den Auftrag erteilen, den "Krieg gegen den Terror" zu eröffnen, sagte er am Mittwoch in seiner Ansprache vor der Militärakademie in Kairo. Wer die Terroristen sind, verriet er nicht.

Doch auf die weiterführende Orientierung brauchte der geübte Ägypter nicht lange zu warten. Die Tageszeitung "Al-Ahram", das Sprachrohr der jeweiligen Macht, zitierte am Donnerstag einen namentlich nicht genannten, aber "bestens informierten" Offiziellen: "Der Staat ist überzeugt davon, dass die Muslimbruderschaft an der Anstiftung von Terrorakten auf dem Sinai beteiligt ist. Da kann man nicht mehr länger zuschauen."

Tatsächlich haben nach Mursis Sturz die Aktivitäten von bewaffneten Extremisten im Norden der Halbinsel Sinai stark zugenommen. Doch das Problem ist älteren Ursprungs. Schon unter der Herrschaft Mubaraks hatten die Sicherheitskräfte die Kontrolle über Teile des Sinai verloren. Vom Staat diskriminierte und radikalisierte Beduinen, Al-Kaida-nahe Jihadisten und Schmuggler-Banden treiben dort schon seit Jahren ihr Unwesen.

Die unbewiesene Beschuldigung, die Muslimbruderschaft steckte hinter dem Terror auf dem Sinai, könnte dem Militär als passender Vorwand dienen, um die Organisation erneut zu verbieten. Schon jetzt sitzen 600 ihrer Kader in Haft, darunter etliche Führungsmitglieder. Die Arbeit in der Illegalität ist den Islamisten allerdings nicht fremd. Über die meiste Zeit ihrer mehr als 80-jährigen Geschichte war die Organisation in Ägypten verboten und unterdrückt, wurden ihre Führer gehängt und eingesperrt. Die staatliche Verfolgung hat aber ihren inneren Zusammenhalt eher gestärkt.