Zwei Tage nach der Flucht des US-Whistleblowers Edward Snowden aus Hongkong geht das Rätselraten um dessen Aufenthalt weiter. Der IT-Spezialist sei am Sonntag in Moskau gelandet und hätte am Montag nach Havanna weiterfliegen sollen, diesen Flug aber nie angetreten, hieß es am Dienstag. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte doppeldeutig, Snowden habe nie die russische Grenze überquert. Das dürfte - de jure - stimmen. Denn laut Russlands Präsident Wladimir Putin hält sich der 30-jährige Amerikaner im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf. Es gebe kein Auslieferungsabkommen zwischen Russland und den USA, das auf den Fall zutreffe, sagte Putin. Snowden sei ein freier Mann. Je eher er sich für ein Ziel entscheide, desto besser.

Seitdem der Whistleblower am Sonntag trotz Haftbefehls aus Hongkong ausreiste, spielt er mit Journalisten und Behörden Katz und Maus. Erst hieß es, Snowden fliege über Kuba nach Ecuador aus, wo er um Asyl angesucht habe. Doch mehrere von ihm gebuchte Plätze blieben leer.

Endziel von Snowdens Flucht aus den USA soll Ecuador sein. Aber warum suchen sich er und Wikileaks-Gründer Julian Assange, der vor mehr als einem Jahr in die Botschaft Ecuadors in London geflüchtet ist, ausgerechnet ein Land wie Ecuador aus, das die Organisation "Reporter ohne Grenzen" auf Platz 119 der Pressefreiheit platziert? Ecuadors Präsident Rafael Correa profiliert sich seit dem Tod von Venezuelas Hugo Chavez gern als Führer des linken Lagers in Lateinamerika. In seiner anti-imperialistischen Haltung liegt er ganz auf einer Linie mit seinen Kollegen Nicolás Maduro (Venezuela), Evo Morales (Bolivien) und den Castro-Brüdern (Kuba). Sie alle sehen in den USA die Quelle allen Übels.

Correas Doppelmoral

Correas Rolle als Verteidiger der Meinungsfreiheit kommt aber mit einer gehörigen Portion Doppelmoral daher. In seinem eigenen Land hält der Präsident die Pressefreiheit nicht besonders hoch. Er geht bereits seit einigen Jahren gegen Medien vor, die ihm nicht wohlgesonnen sind. Ihm passt es nicht, wenn man unfreundlich oder kritisch über ihn berichtet. Zeitungen und TV- oder Radiosender riskieren Bußgelder, Schließungen und Abschaltungen.

Aber vielleicht täuscht Edward Snowden alle mit seinem angeblichen Asylziel Ecuador. Gerüchte besagen, am liebsten wolle er nach Island. Doch ob er in dem Nato-Land am Polarkreis sicher wäre, darf wohl bezweifelt werden.