Vor seiner Rückkehr in die Heimat am Sonntag twitterte Pakistans Ex-Militärmachthaber Pervez Musharraf ein Bild, das ihn als Pilger bei einem Besuch in Mekka zeigt. In der heiligsten Stätte der Muslime habe er "Vergebung gesucht und um Anleitung und Stärke gebetet, um Pakistan und seinem Volk zu dienen", hieß es in der Kurznachricht des früheren Präsidenten. Musharraf will nach der Parlamentswahl am 11. Mai wieder in der Politik der südasiatischen Atommacht mitmischen. Sein selbst erklärtes Ziel: dabei helfen, Pakistans "Platz in der Geschichte als wohlhabender, moderater und fortschrittlicher islamischer Staat zurückzuerobern".

Offen ist, wie viele Pakistaner das unerbetene Hilfsangebot des Ex-Präsidenten akzeptieren wollen - nimmt man die Zahl der Anhänger am Flughafen in Karachi als Indiz, sind es womöglich nicht sehr viele. Die Flughafenpolizei zählte keine tausend Unterstützer, als die Emirates-Maschine aus Dubai mit Musharraf an Bord aufsetzte. Kein Vergleich zum 18. Oktober 2007: Damals kehrte Musharrafs Erzrivalin Benazir Bhutto aus dem Exil zurück. Zehntausende jubelten der Hoffnungsträgerin am Flughafen in Karachi zu.

Ermittlungen nach Anschlag auf Bhutto

Bhutto war es, die Musharraf aus dem Präsidentenamt fegte - wenn auch indirekt und erst nach ihrem Tode. Einen ersten Anschlag überlebte die Ex-Premierministerin gleich auf der Fahrt vom Flughafen in die Stadt. Inmitten von Hunderttausenden Menschen, die ihre Rückkehr auf den Straßen feierten, sprengte sich ein Attentäter in die Luft. Bhutto überlebte. Dann wurde sie am 27. Dezember 2007 bei einem Anschlag auf eine Kundgebung in Rawalpindi doch noch ermordet.

Die Wut in der Bevölkerung war grenzenlos. Gegen Musharraf wird bis heute ermittelt, weil seine Regierung Bhutto keinen ausreichenden Schutz gewährleistet haben soll. Die Parlamentswahl im Februar 2008 wurde zur Generalabrechnung mit Musharraf, obwohl der Präsident gar nicht zur Wahl stand. Bhuttos Volkspartei PPP brachte Musharrafs PML-Q eine vernichtende Niederlage bei. Sechs Monate später gab Musharraf angesichts eines drohenden Amtsenthebungsverfahren auf, trat als Präsident zurück und ging ins Exil. Bhutto-Witwer Asif Ali Zardari - zugleich PPP-Chef - folgte ihm als Staatsoberhaupt nach.

Doch der Enthusiasmus im Volk über die demokratisch gewählte Regierung ebbte schnell ab. Zardari war schon zuvor als "Mister Zehn Prozent" verspottet worden, nun machte auch die von seiner Partei geführte Regierung durch Korruptionsvorwürfe von sich reden. Die unbewältigten Probleme sind gigantisch. Die pakistanischen Taliban (TTP) greifen Staatsvertreter, Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten an. Über Teile des Landes wie die Extremisten-Hochburg Nord-Waziristan hat die Regierung keine Kontrolle. Dort riss ein Attentäter in der Nacht zu Sonntag 17 Soldaten mit in den Tod.

In Pakistan mangelt es an allem

Nach fünf Jahren Zivilregierung liegt die Wirtschaft am Boden, selbst die Hauptstadt Islamabad leidet unter stundenlangen Stromausfällen. Allerdings hat die PPP einen Teil der Probleme geerbt, auch wenn sie sich zum Vorwurf machen lassen muss, sie nie effektiv angegangen zu sein. Schon zum Ende der PML-Q-Regierung wurden manche Grundnahrungsmittel Mangelware, vor Lebensmittelläden bildeten sich Schlangen. Auch Energie wurde damals bereits knapp.

Religiöse Extremisten ließ Musharraf - der seit seiner gewaltlosen Machtübernahme 1999 bis zum Jahr 2007 neben seinem Amt als Präsident auch das des Armeechefs innehatte - lange Zeit weitgehend unbehelligt gewähren. Offiziell stellte er sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zwar an die Seite der USA. Pakistan wurde aber damals wie heute verdächtigt, ein doppeltes Spiel zu spielen.

Als sich im Juli 2007 radikale Koranschüler mitten in Islamabad in der Roten Moschee verbarrikadierten, sah sich auch Musharraf gezwungen zu handeln. Die Armee stürmte das Gotteshaus, nach offiziellen Angaben starben mehr als 100 Menschen. Die Extremisten schworen Rache. Die Zahl der Selbstmordanschläge nahm drastisch zu.

Bei den Taliban verhasst

Die Taliban hassen Musharraf bis heute. In einer Videobotschaft warnte ausgerechnet TTP-Kämpfer Adnan Rasheed Musharraf davor, Selbstmordattentäter stünden bereit, ihn nach seiner Rückkehr "zur Hölle" zu schicken. Der frühere Luftwaffenoffizier Rasheed war wegen Mittäterschaft bei einem Anschlag auf Musharraf im Jahr 2003 verurteilt worden. Taliban-Kämpfer befreiten ihn und rund 400 weitere Aufständische im vergangenen Jahr aus einem Gefängnis.

Musharraf zeigte sich von der Todesdrohung unbeeindruckt. "In den vergangenen zwölf Jahren haben Terroristen mehrmals versucht, mich zur Hölle zu schicken, sagte er "Spiegel Online" vor seiner Abreise aus Dubai. "Ohne Erfolg." Ob Musharraf Erfolg mit seinem Comeback haben wird, ist zweifelhaft. Seine neue Partei - die APML - spielt in Umfragen keine Rolle. "Ich denke, er kann einen Parlamentssitz für sich selber gewinnen", sagte der Analyst Hassan Askari dem Sender Geo TV. "Aber ich glaube nicht, dass er irgendetwas bewirken kann."