"Das macht dann 22,10 Euro", sagt der Kellner freundlich und legt die Rechnung auf den Tisch. Aber als der Gast des Restaurants in der Laiki Gitonia, dem malerischen Altstadtviertel der zyprischen Inselhauptstadt Nikosia, seine Kreditkarte zückt, verfinstert sich die Miene des Mannes. "Können Sie nicht in bar zahlen?", will er wissen. Diese Frage hört man jetzt immer häufiger in Zypern. Seit sechs Tagen sind die Banken auf der Insel bereits geschlossen, während die Politiker hektisch den drohenden Zusammenbruch der Geldinstitute und einen Staatsbankrott zu verhindern suchen. Dahinter steht die Angst, es könnte zu einem Ansturm auf die Schalter kommen, wenn die Filialen wieder öffnen, ohne dass zuvor eine politische Lösung gefunden ist.

Bis dahin versuchen sich die Zyprer irgendwie über die Runden zu retten. "Keine Schecks und Kreditkarten, nur Cash" - solche selbstgemalten Schilder sieht man jetzt in den Schaufenstern vieler Geschäfte in Nikosia. Auch Hoteliers nehmen Kreditkarten nur noch widerstrebend entgegen. Einer sagt: "Ich muss meine Lieferanten bezahlen, nächste Woche werden die Löhne für das Personal fällig."

Noch spucken die Geldautomaten Scheine aus. Aber man muss außer seiner Bankkarte auch viel Geduld mitbringen. Stehvermögen wird vor allem den Kunden der Laiki Bank abverlangt. Als es Gerüchte über einen möglichen Zusammenbruch der zweitgrößten Bank die Runde machten, eilten viele Kunden zu den Zweigstellen, um so viel Bargeld wie möglich abzuheben. "Ich will retten, was zu retten" ist, sagte verzweifelt eine Hausfrau, die sich unter die Wartenden einreihte.

Geschäften, die nicht Lebensnotwendiges führen, bleiben die Kunden aus. Um 15 Prozent seien die Umsätze der Supermärkte zurückgegangen, berichtet ein Sprecher der Branche.

"Notfalls anschreiben"

"Stammkunden lasse ich notfalls anschreiben", sagt ein Lebensmittelhändler an der Stadtmauer von Nikosia. Denn trotz noch funktionierender Geldautomaten geht vielen Menschen das Geld aus. Vor allem Rentner verfügen nur über traditionelle Sparbücher. Nachbarn und Verwandte helfen sich mit Bargeldfallweise noch bereitwillig aus.

Es beginnen im Land ohne Banken allerdings auch dubiose Geschäfte aufzublühen. Nicht nur die Pfandleiher profitieren von der Notlage vieler Menschen. Eine Frau sagte im zyprischen Radio, ihr habe ein Mann ein Bündel Banknoten gezeigt und einen "Barkredit" über 2000 Euro angeboten, für einen Tageszins von drei Prozent. Als "Sicherheit" habe der Mann ihre Autoschlüssel verlangt. Sie habe sich umgedreht und sei empört weggegangen, sagte die Frau.