Mit einer unerwartet deutlichen Erklärung und einer klaren Absage an Wechselkursziele versucht die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) die Debatte über einen Währungskrieg zu beenden. Zugleich signalisierten die G-20-Finanzminister und Notenbank-Chefs am Samstag in ihrem Abschluss-Communique, dass sie kurzfristig der Wachstumsförderung Vorrang geben will vor Maßnahmen zum Abbau der Staatsdefizite und zur Begrenzung der Staatsschulden. Hintergrund dafür ist das nach wie vor schwache Weltwirtschaftswachstum verbunden mit hoher Arbeitslosigkeit in vielen Ländern. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte im Voraus Einblick in die Erklärung.

Wie sich schon zu Beginn des G-20-Treffens in der russischen Hauptstadt abzeichnete, wurde Japan im Communique nicht an den Pranger gestellt. Die Regierung in Tokio hatte mit einer massiv expansiven Geld- und Finanzpolitik den Yen auf Talfahrt geschickt und damit die jüngste Wechselkursdebatte maßgeblich ausgelöst.

Nach langwierigen und harten Debatten entschieden sich die G-20-Minister und -notenbankchefs am Ende beim Thema Wechselkurse für eine Wortwahl, die der Erklärung der sieben "alten" Industrieländer (G-7) Dienstag näher kam als es sich zunächst abgezeichnet hatte. Insbesondere hieß es nun, die G-20 werde ihre Wechselkurse nicht an Wettbewerbs-Gesichtspunkten ausrichten", also gewisse Zielwerte für die Wechselkurse verfolgen. Zudem versichert die Staatengruppe - der auch Schwellenländer wie China angehören - dass sie in keinen Abwertungswettlauf eintreten werden. Die Geldpolitik solle sich an der Preisstabilität der jeweiligen Währungsräume ausrichten, aber auch der wirtschaftlichen Erholung dienen. Die G-20 wollen sich darüber hinaus schneller in Richtung marktbestimmter, flexibler Wechselkurse bewegen.

Gegen Währungskrieg

"Wir waren uns alle einig, dass wir nicht in einen Währungskrieg geraten wollen", sagte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici. Sein britischer Kollege George Osborne erklärte: "Die G-7 hat ein sehr klares Statement in dieser Woche abgegeben." Auch im G-20-Text werde nun deutlich gemacht, dass Währungen kein Mittel für einen Abwertungswettlauf sein sollten. "Länder sollten nicht den Fehler der Vergangenheit machen und Währungen als Instrument der wirtschaftlichen Kriegführung einsetzen", sagte er.

Bei einem weiteren Konfliktthema, der Begrenzung der Staatsschulden in den einzelnen Ländern, konnten die USA offenbar einen Etappensieg verzeichnen. Sie blockierten Bemühungen Deutschlands und anderer Staaten, sich auf neue konkrete Ziele zur Budgetkonsolidierung festzulegen. Vielmehr war im Communique nur allgemein von der Notwendigkeit einer mittelfristig angelegten Strategie der Etatsanierung die Rede. Konkrete Festlegungen blieben aus. Zudem warnte Russland als diesjähriges Präsidentschaftsland vor den Folgen der extrem lockere Geldpolitik, wie sie nicht nur in den USA verfolgt wird, für manche große Schwellenländer.

Schuldenbremse erst im Herbst

Die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) wird sich nach Angaben von EU-Währungskommissar Olli Rehn frühestens im September konkrete Ziele zum Schuldenabbau geben. Generell seien sich die Staaten einig, dass für jedes Land mittelfristig ein Zeitplan zur Verringerung der jeweiligen Schuldenlast aufgestellt werden müsse, sagte Rehn der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag am Rande des G-20-Ministertreffens in Moskau. Die konkrete Entscheidung darüber werde jedoch nicht an diesem Wochenende in Moskau, sondern frühestens am kommenden G-20-Treffen in St. Petersburg im Herbst fallen.

Rehn warnte zugleich davor, das Ziel einer Schuldenbremse für jedes Land auf G-20-Ebene aus den Augen zu verlieren. So verwies er auch darauf, dass die Verschuldung in der EU durchschnittlich bei etwa 90 Prozent der Wirtschaftsleistung liege, während in Japan die Schuldlast auf über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen sei. In den USA beträgt die Quote 73 Prozent. "Wir können es uns wirklich nicht leisten, uns von dem mittelfristigen Fiskalziel wieder zu entfernen", sagte Rehn.

Die G-20-Staaten hatten im vergangenen Jahr in Mexiko beschlossen, sich ehrgeizige und zugleich realistische Ziele für eine Verringerung der Staatsverschuldung ab 2016 zu geben. Dazu soll für jedes Land ein fester Zeitplan mit einer maximalen Schuldenquote im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung aufgestellt werden. Ob es über diese Absichtserklärung hinaus aber wirklich zu Taten kommt, bleibt abzuwarten. Schließlich würde eine G-20-Schuldenbremse massiv die Spielräume für Staatsausgaben einschränken und damit Hoheitsrechte der Parlamente berühren.