Tag für Tag kommen Ariel Scharons Söhne in das gut bewachte Zimmer im Scheba Medical Center unweit von Tel Aviv, lesen ihrem Vater die Tageszeitung vor, stellen frische Blumen rund um sein Bett auf oder bringen ihm sein Lieblingsessen mit, damit er sich an dessen Duft erfreuen kann. Sie hoffen, dass er, der Israels Geschichte maßgeblich mitformte, eines Tages wieder aufwachen wird. Viele verfolgen das skeptisch, schließlich erlitt der 85 Jahre alte Mann vor sieben Jahren eine schwere Gehirnblutung, die ihm am Höhepunkt seiner politischen Karriere das Bewusstsein raubte. Fraglich also, ob Scharon überhaupt etwas von den Anstrengungen seiner Familie mitbekommt. Eine neue Untersuchung scheint nun zu zeigen, dass die Mühen der Söhne Gilad und Omri nicht umsonst sind: Scharons Hirn reagiert auf ihre Stimmen.

Fotos von der Familie

Um Scharons Bewusstseinszustand zu untersuchen, wurde er eigens in ein Krankenhaus im 90 Kilometer entfernten Beer Schewa gebracht, wo unlängst ein hochmodernes Gerät zur Durchführung Funktioneller Magnetresonanztomografie (FMRI) eingeweiht wurde. Mithilfe von FMRI können Experten feststellen, wie stark Areale im Gehirn durchblutet sind. Aus den Unterschieden in der Durchblutung können sie später darauf schließen, ob und wie das Gehirn auf äußere Reize reagiert. Nach zwei Stunden langen Tests, in denen die Forscher Scharon Familienfotos zeigten, die Stimme von Gilad vorspielten und ihn berührten, veröffentlichte das Soroka Spital einen überraschenden Fund: "Die Untersuchung zeigte wesentliche Hirnaktivität in passenden Arealen." Das beweise, dass Scharons Hirn "sensorische Daten verarbeiten" könne. "Informationen erreichen die passenden Teile von Scharons Gehirn", sagte Professor Martin Monti, Neurologe an der University of California in Los Angeles, der an der Untersuchung teilnahm. Scharon habe klar zwischen der Stimme Gilads und anderen Geräuschen unterschieden.

Die Freunde reagierten voller Freude, doch Experten mahnten zur Vorsicht: "Die Chance, dass Menschen, die wie Scharon jahrelang in einem Wachkoma liegen, wieder aufwachen, ist gleich null", sagte Professor Avinoam Reches, Neurologe am Hadassah Spital, zur Kleinen Zeitung. Auch Monti dämpfte die Begeisterung: Es gebe keine "eindeutigen Beweise dafür, dass Scharon sich seiner Umwelt bewusst ist", sagte er. Obwohl er scheinbar nicht in einem "permanenten vegetativen Zustand" ist, scheint er dennoch in seinem Wachkoma gefangen.