EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski gab sich betont gelassen. "Das gehört zum Drama eines Vermittlungsverfahrens. Das ist nichts Besonderes", sagte er. Gerade war der Versuch von EU-Regierungen und EU-Abgeordneten, sich auf einen Haushalt für das Jahr 2013 zu einigen, erst einmal gescheitert. Dabei hatten Regierungsvertreter und Parlamentarier noch nicht einmal über den Budgetentwurf zu streiten begonnen. Sie trennten sich, weil sie sich in einer Verfahrensfrage uneins waren.

Die Abgeordneten überraschten nach nur sieben Stunden die Regierungsvertreter mit der Mitteilung, weitere Gespräche machten erst einmal keinen Sinn: Der Ministerrat wollte nämlich nur dann über zwei Nachtragshaushalte für 2012 entscheiden, wenn man sich auch über den Etat 2013 einigte. Die Abgeordneten wollten aber zunächst die Zustimmung zu 670 Millionen Euro Erdbebenhilfe für Italien und zu immerhin 9,0 Milliarden Euro für das zu Ende gehende Jahr haben - bevor sie sich mit dem Haushalt für 2013 beschäftigen wollten. "Der Rat hat dieses Vorgehen nicht akzeptiert", entrüstete sich der Chefunterhändler des Parlaments, der französische Konservative Alain Lamassoure. Eine Nachtsitzung werde daran nichts ändern, weitere Gespräche seien also unnötig - zumindest bis zum Dienstag.

Seit dem Sommer hat das Europaparlament seine Gangart und seine Konfliktbereitschaft gegenüber dem Ministerrat spürbar verschärft. Im Juni legten die wütenden Abgeordneten gleich fünf Gesetzesvorhaben auf Eis - als Vergeltung dafür, dass die Regierungen zuvor mit juristischen Finessen das Recht des Parlaments auf Mitentscheidung bei der Wiedereinführung temporärer Grenzkontrollen ausgehebelt hatten. Und im Oktober votierten die Volksvertreter gegen die Ernennung des Luxemburgers Yves Mersch zum Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank: Sie hätten lieber eine Frau in dem illustren Gremium gesehen. Die Regierungschefs wollen nun Mersch auch ohne Plazet des Parlaments ins Amt hieven - legal, aber ein eher unfreundlicher Akt gegenüber dem Parlament.

Das Europaparlament hat durch den Lissabon-Vertrag mehr Macht bekommen - und die neuen Machtverhältnisse könnten den Regierungen vor allem im Ringen um die EU-Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 in Kürze richtig zu schaffen machen. Diese Planung ist wichtiger als der Haushalt 2013: Denn hier geht es nicht um 132,7 (Ministerrat) oder 137,9 (Parlament) Milliarden Euro, sondern um insgesamt lockere 1.000 Milliarden. Die Staats- und Regierungschefs stehen gleich vor zwei großen Herausforderungen.

Bei einem Sondergipfel am 22./23. November wollen sie zunächst versuchen, sich untereinander über die Höhe der künftigen Ausgaben zu einigen. Das wird schwer genug: Jeder hat ein Vetorecht - und die Gräben zwischen den Regierungen sind tief. Es geht ums Sparen, es geht um die Art der Ausgaben, und es geht um die Einnahmen, beispielsweise die unterschiedlichen Beitragsrabatte für einzelne Staaten. Sollten die Regierungen eine gemeinsame Position gefunden haben, kommt der möglicherweise noch schwierigere Teil der Übung: Dann müssen sie sich mit dem Europaparlament einigen. Und das liegt in vielen Budgetfragen auf direktem Kollisionskurs zum Rat.

Andreas Mavroyiannis, zypriotischer Europaminister und Vorsitzender der Ministerrunde zum Haushalt 2013, betonte, das vorläufige Scheitern der Verhandlungen habe mit der Finanzplanung bis 2040 überhaupt nichts zu tun. Wenige Stunden zuvor, als er auf eine Einung hoffte, sah er die Auswirkung scheiternder Budgetverhandlungen auf die Gespräche über die Finanzplanung noch anders: "Ich denke, das würde die Atmosphäre ein bisschen vergiften."