Mit der Kommunistischen Partei hat Liang Yingzheng abgeschlossen. "Es ist, als würde uns die Regierung täglich ins Gesicht spucken", sagt der Bauer und wirft einen Klumpen Erde auf den Bauzaun am Rande seines Ackers. Was sich dahinter erhebt, wirkt in der ländlichen Gegend wie ein Ufo: Ein Gebäudekomplex mit großzügigen Glasflächen und hohen Säulen. In der Mitte steht ein Triumphbogen mit dem Emblem der Volksrepublik: fünf goldene Sterne auf rotem Grund. "Wozu brauchen wir hier so etwas?" erzürnt sich Liang. Der Bau soll Regierungssitz von Wangjiang werden, einem der ärmsten Landkreise im zentralchinesischen Anhui, einer der ärmsten Provinzen Chinas.

Parteikader sind gut bei Kasse

"Das Leben ist hart zu uns", sagt Liang. Die Kinder lernen in baufälligen Schulen. Vielen Familien fällt es schwer, regelmäßig Fleisch auf dem Tisch zu haben. Den Alten graut vor Krankheiten, weil sie sich keine Behandlung leisten können. Nur den Parteikadern scheint es bestens zu gehen. 55 Millionen Euro haben sie für ihr neues Rathaus eingeplant. Zwölf Hektar Ackerland wurden dafür beschlagnahmt. Gut vier Hektar davon sind bebaut. Das entspricht dem Zweieinhalbfachen der Grundfläche des Weißen Hauses in Washington.

Die Wut ist allgegenwärtig. Die Bauern werfen den Beamten vor, das Projekt nur geplant zu haben, um viel Geld in der eigenen Tasche verschwinden lassen zu können. "Das ist wie ein Schloss", sagt Geschäftsmann Shan Juan. "Sie schwelgen in Luxus und wollen mit der Armut der Bevölkerung nichts zu tun haben." Früher habe sich die Partei noch an der Mao-Maxime "Dem Volke dienen" orientiert, doch nun bediene sie sich nur selbst. "Wenn sie uns so verachten, können wir sie auch nur verachten", sagt Shan.

Sein Nachbar Liu Sheng findet: "Die Partei könnte genauso gut ein Schild aufstellen: Wir sind korrupt und die Menschen sind uns gleichgültig." Die Kader weisen Korruptionsvorwürfe zurück und argumentierten, die Gebäude würden helfen, Investoren anzulocken. Dabei ist das Parteischloss kein Einzelfall. In Fuyang in Anhui, bauten sich Lokalbeamte einen Regierungssitz nach dem Vorbild des US-Kapitols. Gleichzeitig gingen sie im Ausland auf Betteltour, um Spenden für sozialen Wohnungsbau einzuwerben. Im ganzen Land gibt es vergleichbare Vorzeigeprojekte.

Bauprojekte für den Aufstieg

Kritiker sehen in solcher Verschwendung einen tief liegenden Konstruktionsfehler des Regierungssystems. Vorzeigearchitektur zu errichten gilt als sichere Methode, um der eigenen Karriere Schwung zu verleihen. Die Förderung der lokalen Wirtschaft gilt als Hauptaufgabe chinesischer Beamter, und nichts kurbelt die Konjunktur schneller an als Bauprojekte. Die Hoheit über große Budgets bietet die Möglichkeit, Geld in die eigene Tasche zu wirtschaften, etwa indem Aufträge an befreundete Bauunternehmer gegeben werden. Das Geld kommt von den Staatsbanken, selbst wenn sich die Gemeinden damit hoffnungslos verschulden.

In Peking ist man sich der Situation bewusst. "Luxuriöse Eitelkeitsprojekte sind eine Verschwendung von Kapital und Arbeitskraft", schrieb der designierte Staatschef Xi Jinping. Doch den Mut, den Chinesen die Möglichkeit zu geben, gegen korrupte Kader vorzugehen, hat die Führung nicht. "Das Problem ist, dass es keine unabhängigen Gerichte gibt", sagte He Weifang, Jus-Professor an der Universität Peking und bekannter Systemkritiker. "Die Partei beharrt darauf, dass sie sich selbst kontrollieren kann und weigert sich, demokratische Prozesse einzuführen, mit denen korrupte Beamte abgesetzt werden können."

Als Chinas Internetgemeinde auf das Projekt aufmerksam wurde, gab es einen Aufschrei. Wangjiang war einige Tage Synonym für Verschwendung, Machtmissbrauch und soziale Ungleichheit. Doch eine offizielle Untersuchung blieb aus. Kurze Zeit wurde der Bau gestoppt, aber inzwischen geht er weiter.