Der Machtkampf um Chinas nächste Führungsmannschaft geht in die letzte Runde, und die Parteiskandale der vergangenen Monate haben das Kräfteverhältnis an der Spitze offenbar zum Kippen gebracht. Staatschef Hu Jintao soll der große Verlierer sein, berichtet die Hongkonger South China Morning Post. Der scheidende Staats- und Parteichef soll entscheidende Posten an das Lager seines Amtsvorgängers Jiang Zemin verloren haben, der noch immer großen Einfluss ausübt.

Im letzten Moment soll Hu nun auch noch sein engster Vertrauter, Parteigeschäftsführer Ling Jihua, abhandengekommen sein, weil dessen Sohn offenbar unter bizarren Umständen in einem Ferrari verunglückt ist. Der Fall beschert der Partei nach dem Sturz von Chongqings Parteichef Bo Xilai eine weitere Intrigengeschichte um Geld und Denunziation. In den frühen Morgenstunden des 18. März prallte in Peking ein schwarzer Ferrari mit hoher Geschwindigkeit gegen eine Brücke. Der Fahrer starb noch am Unfallort, zwei Begleiterinnen wurden schwer verletzt.

Im chinesischen Internet verbreiteten sich rasch Gerüchte, dass es sich um den Sohn von Jia Qinglin handeln könnte, die Nummer Vier in der Parteihierarchie und gerüchtehalber schwerkorrupt. Der verärgerte Jia soll eine Untersuchung des Falls angeordnet haben, bei der herauskam, dass es sich bei dem Toten um den Sohn von Hus Getreuem Ling Jihua handelte.

Jia schickte seinen Bericht an Ex-Parteichef Jiang, der ihn als Trumpfkarte ausspielte. Hu, der darauf gesetzt hatte, Ling in den innersten Machtzirkel, den Ständigen Ausschuss des Politbüros hieven zu können, musste Ling opfern. Er wurde zum Direktor der Arbeitsabteilung Einheitsfront degradiert.

Von den sieben Mitgliedern des Ständigen Ausschusses wird damit nur ein einziger direkt aus Hus Umfeld kommen: Vize-Premier Li Keqiang, der Regierungschef werden soll. Vier voraussichtliche Mitglieder werden dagegen dem Jiang-Zemin-Zirkel zugerechnet. Hus designierter Nachfolger Xi Jinping und ein weiterer Kandidat gelten als Konsenslösung.