Fast 900 Millionen Handfeuerwaffen gibt es auf der Erde. Das ist eine für jeden achten Menschen, Kinder eingerechnet. Mit Milliarden verschossenen Kugeln sind sie die wahren Massenvernichtungswaffen. Am 2. Juli beginnen bei den Vereinten Nationen in New York Verhandlungen über eine Begrenzung des Waffenhandels. Die Chancen stehen gar nicht schlecht - aber einige wollen sich das Geschäft nicht verderben lassen.

Gefährlichste Handfeuerwaffe: Kalaschnikow

Mehr als sechs Milliarden Dollar werden jedes Jahr mit Panzern und Pistolen umgesetzt. Sie kommen aus den USA und Indien, Großbritannien und Brasilien, Frankreich und Mexiko, Deutschland und Südafrika - vor allem aber aus Russland und China. Die Kalaschnikow ist die tödliche Königin aller Handfeuerwaffen. Die AK-47 schaffte es auf die Flagge Mosambiks und in Afrika ist "Kalash" ein Jungenname. Für Russland ist sie ein prächtiges Geschäft. Aber: Einer Studie zufolge sterben jedes Jahr 200.000 bis 400.000 Menschen durch Handfeuerwaffen.

Amnesty: Waffenhandel kontrollieren

"Menschenrechtsverletzungen werden mit konventionellen Waffen begangen, mit Panzern und Artillerie, vor allem aber mit Pistolen und Gewehren", sagt Katharina Spieß. Sie ist für Amnesty International dabei, wenn bei den Vereinten Nationen in New York eine Begrenzung des Waffenhandels versucht wird. "Es geht gar nicht um Abrüstung, es geht um Kontrolle. Waffenhandel ist ja erst einmal nichts Schlimmes. Aber er wird zur Tragödie, wenn die Waffen in falsche Hände fallen." Spieß nennt den Sudan oder russische Waffenlieferungen nach Syrien: "Ob man es glaubt oder nicht: All das ist noch völlig legal."

Amnesty, Oxfam und andere wollen die "Goldene Regel" zur weltweiten Pflicht machen: "Niemand darf Waffen exportieren, wenn die Gefahr besteht, dass mit ihnen Menschenrechte verletzt werden." Zudem müsse es Kontrollmechanismen geben, damit die guten Vorsätze nicht nur auf dem Papier stehen. Ähnliche Regelungen gibt es längst in der EU, doch die großen Waffenhändler sitzen woanders. Auch Deutschland setzt zwar Milliarden mit Waffen um. Experten sehen aber einen Unterschied, ob man einem NATO-Partner eine Fregatte oder einem afrikanischen Warlord Tausende Kalaschnikows verkauft.

Die Chancen für einen Kontrollvertrag stehen nicht schlecht. "Die Frage ist nicht 'ob', sondern 'wie'", sagt Robert Lindner von Oxfam. "Es besteht natürlich die Gefahr, dass sich alle wieder nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen." So seien einige Staaten zwar vordergründig für den Vertrag, aber gegen jede Einschränkung ihrer Souveränität. "Ein schwacher Vertrag würde ganz konkret Menschenleben kosten", sagt Lindner. Immerhin: Die EU-Länder und auch die USA gehören zu den Unterstützern und selbst die Russen haben ein gewisses Interesse, wird ihre Kalaschnikow doch millionenfach illegal kopiert.

"Selbst wenn nicht alle an Bord wären, könnte der Vertrag Wirkung entfalten", sagt Lindner. Der Vertrag zur Ächtung von Landminen wurde auch von den größten Minenproduzenten nicht unterzeichnet, habe aber dennoch geholfen. "Außerdem könnten wir Schmugglern das Leben schwer machen. Denn auch die müssen ihre Waffen irgendwo herbekommen."

Rüstungsexperte Joachim Krause ist skeptischer. "Wenn die Großen nicht dabei sind, kommt ein Vertrag vielleicht zustande. Aber die konkreten Auswirkungen blieben gering", sagt der Kieler Professor. "Lediglich die Zahl derjenigen Staaten, die sich bestimmten Kriterien unterwerfen, wäre dann größer als bisher." Von daher wird ein Waffenhandelsvertrag - wenn er dann kommt - Kriterien beinhalten, die hinter dem zurückbleiben, was in Europa ohnehin schon gilt.