Als Kofi Annan zu vorgerückter Stunde die Genfer Krisensitzung beendete, war ihm die Anspannung noch anzumerken: Die UNO-Vetomächte hatten sich nach zähen Gesprächen zusammengerauft: Sie produzierten eine Erklärung zur Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien. Und Annan, der internationale Syrien-Sondergesandte, verkündete das Resultat. Das wichtigste Element der Genfer "Prinzipien und Richtlinien": die Schaffung einer Übergangsregierung für das geschundene Land. Die neue Exekutivgewalt soll, davon geht Ex-UNO-Generalsekretär Annan aus, das alte Assad-Regime ablösen und Syriens Weg in eine "wahrhaft demokratische und pluralistische" Zukunft ebnen.

Allerdings bleiben die "Prinzipien und Richtlinien" von Genf allgemein vage. Diplomaten schüttelten den Kopf und erklärten: Der Text komme einer "Wunschliste" gleich. Auch syrische Oppositionelle konnten ihre Enttäuschung nicht verbergen. "In der Erklärung von Genf steht nichts Neues", erklärte Bassam Ishak, führendes Mitglied des Syrischen Nationalrates (SNC). Die Opposition werde deshalb künftig vorrangig den bewaffneten Kampf der Deserteure unterstützen. Oppositionelle durften an den Beratungen in Genf nicht teilnehmen. Auch Vertreter des Assad-Regimes standen nicht auf der Liste der Eingeladenen.

Tatsächlich musste die Erklärung so unverbindlich wie möglich ausfallen, damit alle Teilnehmer des Krisengipfels zustimmten. Zumal Russlands Außenminister Sergej Lawrow und US-Außenamtschefin Hillary Clinton um nahezu jeden Satz auf den fünf Seiten Papier feilschten - Moskau unterhält enge Beziehungen zum Assad-Regime.

Entscheidende Punkte der Umsetzung der "Prinzipien und Richtlinien" blieben unklar: Wie soll die Übergangsregierung konkret gebildet werden? Was geschieht mit dem verhassten Präsidenten Bashar al-Assad? Laut der Erklärung könnte die neue Regierung aus Angehörigen der aktuellen Assad-Regierung, aus Oppositionellen und anderen Gruppen bestehen. "Die Regierung soll durch Diskussionen, Verhandlungen und im gegenseitigen Einvernehmen geformt werden", umschrieb Annan den Prozess. Dass sich aber der syrische Widerstand mit Angehörigen des Regimes an den Verhandlungstisch begibt, scheint illusorisch. Ihre Truppen töteten in dem seit März 2011 tobenden Konflikt zwischen 10.000 und 15.000 Menschen, oft auf bestialische Art. Die Erklärung von Genf schließt sogar eine Beteiligung Assad an der Übergangsregierung nicht aus. Das Blutvergießen geht unterdessen weiter. Bis zu 100 Personen starben allein am Wochenende.