Paukenschlag in der Innenpolitik: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka kandidiert im Herbst nicht mehr für den Nationalrat, berichtet der „Kurier.“ Ein Sprecher des Nationalratspräsidenten bestätigte auf Nachfrage der Kleinen Zeitung den Bericht.  Bis zur konstituierenden Sitzung des Nationalrats nach der Wahl will Sobotka aber „mit vollem Einsatz“ weiterarbeiten. Sobotka hatte nicht nur als Nationalratspräsident, sondern auch als Vorsitzender diverser Untersuchungsausschüsse immer wieder polarisiert.

„Ich bin und bleibe dennoch ein zutiefst politischer Mensch“, meinte Sobotka, der seinen Rückzug nach einem Gespräch mit seiner Familie beschlossen habe. „Ich wollte immer selbstbestimmt aus der Politik ausscheiden und nicht darauf warten, dass andere mir sagen, ich soll gehen“, meinte er zu dem Schritt.

Niedrigste Popularitätswerte

Der Rückzug kommt nicht aus heiterem Himmel, in Wiener Zirkeln war schon länger darüber spekuliert worden. Laut Umfragen und diverse Popularitätsrankings zählt Sobotka zu den unbeliebtestens Spitzenpolitikern des Landes, auch wegen des Goldenen Klaviers, das er für das Parlament besorgt hatte. So gesehen hat Sobotka - auch angesichts der schlechten Umfragewerte für die ÖVP - Größe bewiesen.

Laut Sobotka seien auf keinen Fall die Kritik der Opposition an seiner Person, Rücktrittsaufforderungen oder die Schlusslichtplatzierung im Vertrauensindex ausschlaggebend gewesen.

Von Mikl-Leitner verbannt

Im Frühjahr hatte die niederösterreichische Landesparteichefin Johanna Mikl-Leitner zu verstehen gegeben, dass es für den einstigen Stellvertreter von Erwin Pröll keinen Platz auf der Landesliste gibt. Innenminister Gerhard Karner und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wurden Wolfgang Sobotka vorgezogen.

Als einzige Möglichkeit, um wieder ins Parlament einzuziehen, blieb eine Kandidatur auf der Bundesliste. Sobotka gilt als enger Vertrauter von Bundesparteichef Karl Nehammer, eine Nominierung an vorderster Stelle schien ausgemachte Sache zu sein.

ÖVP dürfte Chefsessel im Nationalrat verlieren

Den Rückzug könnte auch damit zu tun haben, dass die ÖVP nach der Herbstwahl den Chefsessel im Parlament verlieren dürfte. Einem ungeschriebenen Gesetz zufolge stellt die stimmenstärkste Partei den Parlamentschef.

Übernimmt Sobotka die politische Akademie der ÖVP?

Schon länger wird in Wien darüber spekuliert, dass Sobotka die Politische Akademie der ÖVP übernehmen könnte.

Gemischte Reaktionen auf Rückzug

Hohn angesichts der Entscheidung kam von der FPÖ. „Wolfgang Sobotka geht - Österreich atmet auf“, meinte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Noch nie habe die Republik nämlich „einen derart parteiischen Nationalratspräsidenten ertragen müssen wie Wolfgang Sobotka“. Die ÖVP wäre außerdem gut beraten, „wenn andere mit dem gleichen undemokratischen Mindset seinem Beispiel folgen würden“.

Wertschätzender zeigte sich da schon Sobotkas Parteikollege, Bundeskanzler Karl Nehammer: Sootka stehe „stets zu seinem Wort und zu seinen Werten und diskutiert leidenschaftlich für seine Überzeugungen“, schrieb er auf X. „Ich danke ihm für seinen unermüdlichen Einsatz für die Republik und die Volkspartei.“ Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), würdigte Sobotka: „Er ist ein Politiker, der sich nicht verbiegen lässt, der zu seinen Überzeugungen, Entscheidungen und Prinzipien steht, auch bei Gegenwind.“