Dauerlernstress und verzichtbare Fächer – kein gutes Haar lassen österreichische Schülerinnen und Schüler bei einer Umfrage des Nachhilfe-Instituts LernQuadrat. 800 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren nahmen im März und April 2023 an der Onlinebefragung teil, die eruieren sollte, wie jene Gruppe das Schulsystem bewertet, die tagtäglich daraus Wissen schöpfen sollte. Die finalen Ergebnisse würden sich teils als dramatisch herausstellen, sagt Angela Schmidt, Unternehmenssprecherin des LernQuadrats.

Lediglich eine Note von 3,22 bekommt das Schulsystem insgesamt von den Teilnehmenden, am besten kommen tatsächlich die Lehrenden weg: "Sie bekommen von den Jugendlichen die Note 2,4", so Schmidt. Als größtes Problem stellt sich 2023 das sogenannte "Bulimie-Lernen" heraus. "Das bedeutet, dass die Kinder das Gefühl haben, so viel auf einmal lernen zu müssen, dass sie den Stoff kurz nach Prüfungen wieder vergessen", erklärt Kommunikationsberater Claudius Halik.

Manche Fächer sind "verzichtbar"

Bereits 2016 führte das LernQuadrat eine solche Umfrage unter Kindern und Jugendlichen durch, seitdem haben sich die Werte drastisch verschlechtert. Insgesamt geben 76,8 Prozent der Schüler an, das Gelernte wieder zu vergessen, Mädchen sind dabei stärker betroffen als Buben. "Nur eine Person von 20 gibt an, dieses Problem nie zu haben, das ist besorgniserregend", so Halik.

Dazu kommt, dass viele Jugendliche das Gefühl haben, die meisten Dinge, die in der Schule vermittelt werden, im späteren Leben nicht brauchen zu können. Ganze 54,7 Prozent sind überzeugt, mehr als die Hälfte des Schulstoffes später niemals anwenden zu müssen, 17,1 Prozent halten noch einen geringeren Anteil für nützlich. Vor allem Englisch, Deutsch und Mathematik rangiert bei den Schülerinnen und Schülern in Sachen Relevanz ganz oben, während sie künstlerische Fächer wie Musik und Bildnerische Erziehung als weniger wichtig und "verzichtbar" bewerten. "Es ist eigentlich schade, zu sehen, wie wenig Stellenwert kulturelle Bildung zu haben scheint", sagt Schmidt.

Ruf nach lebensnaher Bildung

Lebensnahe Bildung ist, was sich die Jugendlichen tatsächlich wünschen, geht aus der Umfrage hervor. Bereiche wie Finanzbildung, Lebenskunde, Wirtschaft, Politik, Rhetorik und Kommunikation heben die Schülerinnen und Schüler hervor. "Sie wollen wissen, worauf sie bei Verträgen achten müssen, wie Steuern und Geldanlagen funktionieren, und nützliche Dinge für den Alltag lernen, die ihnen dabei helfen, im Leben ihre Ziele zu erreichen. Das gibt ihnen das Schulsystem im Moment nicht", unterstreicht Schmidt.

Zudem sei der Druck auf die Heranwachsenden durch die Schule enorm hoch. "Interessant ist allerdings, dass 74,9 Prozent angeben, sich selbst den meisten Druck zu machen, Leistung zu erbringen, erst dann folgen Lehrkräfte und Eltern", erklärt Schmidt. 2016 waren es noch 43,3 Prozent. Circa 56 Leistungsüberprüfungen in Form von Referaten, Schularbeiten und Tests haben die Jugendlichen im Schuljahr laut eigenen Angaben. "Das bedeutet, dass umgerechnet alle 3,3 Tage eine Leistungsüberprüfung stattfindet, Stress ist also fast alltäglich", so Schmidt. In der AHS seien es sogar 2,9 Tage – ein "Dauervorbereitungsmodus", wie sie sagt.

Freude verloren

"Um Schule zu verbessern, müssen interessante Inhalte wieder wichtiger werden als Noten einzusammeln", so Schmidt. Zudem müssten Lehrende verstärkt unterstützt werden. "Im Grunde muss Schule auf vielen Ebenen neu gedacht werden, denn die Schüler haben aufgrund dessen, dass sie ständig auf ein Ziel – gute Noten – hinsteuern, die Freude daran verloren."