Nach einer "umfassenden Analyse" wurden die Gesamtprojektkosten von der Brennerbasistunnelgesellschaft (BBT SE) auf rund 10,5 Milliarden Euro geschätzt, heißt es am Mittwoch in einer Aussendung. Bisher war man von rund 9,6 Milliarden Euro ausgegangen.

Die eingetretene erhöhte Kostenschätzung bzw. die "Anpassung" führe man im Wesentlichen auf die eingetretene Inflationsentwicklung zurück –
Preissteigerungen gibt es im Energiesektor, Teuerung bei den Baustoffen. 

Vom Aufsichtsrat genehmigt

Die neu berechnete Gesamtkostenschätzung wurde vom Aufsichtsrat der BBT SE kürzlich genehmigt. Die Beantragung der erforderlichen Fördermittel bei den nationalen Förderstellen in Österreich und Italien wurde eingeleitet. Die EU-Förderung laufe weiter.

EU-Kofinanzierung: Weitere Entscheidung im Sommer

Italien und Österreich erhalten von der EU eine Kofinanzierung in Höhe von 50 Prozent für die Planungs- und Erkundungsarbeiten und in Höhe von 40 Prozent für die Baumaßnahmen. Bisher hatte die EU eine Kofinanzierung von insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro zugesichert. Eine Entscheidung für die Kofinanzierung für die Kosten ab dem 1. Juli 2023 werde im Sommer dieses Jahres erwartet.

Spatenstich war 2006

Gebaut wird an dem Mammutprojekt schon lange, Spatenstich war im Juni 2006, im August 2007 begannen die Bauarbeiten für den ersten Abschnitt des Erkundungsstollens zwischen Aicha und Mauls in Südtirol. Anfang April war der Zuschlag für das letzte noch verbliebene Baulos erteilt worden: Die Arbeiten am Baulos "H53 Pfons-Brenner" werden für die Summe von 959 Millionen Euro von einer Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus der Porr Bau GmbH, Marti GmbH Österreich und der Marti Tunnel AG Schweiz, durchgeführt.

157 Kilometer bisher

Vom insgesamt 230 Kilometer langen Tunnelsystem des Brennerbasistunnels sind bisher 157 Tunnelkilometer vorgetrieben,
davon 60 Kilometer für den Haupttunnel, 55 Kilometer für den Erkundungsstollen und 42 Kilometer für Zufahrts-, Rettungs- und Logistiktunnel.

Der BBT verläuft auf 55 Kilometern zwischen Innsbruck und dem Südtiroler Franzensfeste und gilt als Kernelement der neuen Bahnverbindung von München bis Verona.

Längste unterirdische Bahnverbindung der Welt

Nach Fertigstellung wird der flach verlaufende Eisenbahntunnel nach Angaben der ÖBB mit 64 Kilometern "die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt" sein. Der Tunnel bildet zudem ein Kernstück des TEN-V Kernnetzkorridors Skandinavien-Mittelmeer. Das Datum für die Fertigstellung wurde in den vergangenen Jahren nach hinten verschoben und ist nun für 2032 avisiert. Stetig bemängelt wurde, dass in Bezug auf die Zulaufstrecken, vor allem im Norden, zu wenig weitergehe.

Gegen den Transitverkehr

Nicht zuletzt mithilfe des Brennerbasistunnels und einer damit einhergehenden Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene hoffen die politisch Verantwortlichen in Tirol und Österreich, die überbordende Belastung der Bevölkerung durch den Transitverkehr in den Griff zu bekommen. Schwere, lange Güterzüge bis zu 2000 Tonnen
könnten im BBT etwa mit dann nur einer Lok abgewickelt werden – bisher seien zwei bis drei Loks für 800 Tonnen Züge durch Steigungen
erforderlich. Die Fahrzeit soll sich für Güterzüge von einer Stunde und 45 Minuten auf 35 Minuten verringern.

Vorteile für Fahrgäste

Auch für die Fahrgäste verspricht der Brennerbasistunnel nach
Angaben der Verantwortlichen viele Vorteile. Die Fahrzeit München–
Verona werde wahrscheinlich nur vier Stunden betragen statt derzeit
fünfeinhalb. Jene von Innsbruck nach Bozen reduziere sich um rund 70
Minuten auf eine Stunde. Und die Fahrzeit von Innsbruck nach
Franzensfeste wird dank BBT 20 bis 25 Minuten statt bisher 80 Minuten dauern.