Am Landesgericht Salzburg ist am Dienstag ein 34-Jähriger wegen des Vorwurf des Mordes an seinem Nachbarn zu 20 Jahren unbedingter Haft nicht rechtskräftig verurteilt worden. Er soll am 6. April 2022 in einem Wohnhaus in der Stadt Salzburg den 33-Jährigen mit mehreren wuchtigen Messerstichen getötet haben. Der Angeklagte sagte zunächst, er wisse nicht, wie das passiert sei, und verwies auf Erinnerungslücken. Nach Rücksprache mit dem Verteidiger legte er ein Geständnis ab.
Der Tat in den frühen Morgenstunden soll ein Streit zwischen den beiden Männern, die sich nach Angaben des Beschuldigten seit ihrer Hauptschulzeit kennen, vorausgegangen sein. Der Getötete wohnte in einer Garconniere des Mehrparteienhauses im Stadtteil Parsch. Dort hat sich der Konflikt zugetragen. Am Abend davor habe der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin gestritten, er sei in einer schlechten psychischen Verfassung gewesen, erklärte die Staatsanwältin. Noch in der Nacht fuhr der 34-Jährige mit einem Taxi zum späteren Opfer, das ihm auch die Taxirechnung bezahlte. Der Chauffeur hörte noch, wie der Freund zum Beschuldigten sagte, "mach dir keine Sorgen, es wird alles wieder gut".
Unter erheblichem Drogeneinfluss
In der Wohnung des 33-Jährigen tranken die zwei Männer "einige Dosen Bier", führte die Staatsanwältin weiter aus. Wie ein Gerichtsgutachten ergab, stand der Angeklagte auch unter erheblichem Drogen- und auch Medikamenteneinfluss. Weil der suchtgiftabhängige Österreicher laut dem Sachverständigen Drogen gewohnt war, wurde ihm eine Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit attestiert.
Die Einvernahme des Beschuldigten durch die Vorsitzende des Geschworenengerichtes, Bettina Maxones-Kurkowski, gestaltete sich zunächst etwas schwierig. Ein Geständnis des Mannes, wie der Verteidiger im Eingangsplädoyer angekündigt hatte, sah die Richterin in den Schilderungen des 34-Jährigen zunächst nicht, wie sie erklärte. Der Österreicher hatte erklärt, sein Freund habe zu schimpfen angefangen, weil er einen Joint habe rauchen wollen. Der Freund habe dann ein Messer genommen. Der Streit sei dann eskaliert.
"Im Normalzustand wäre es sicher nicht passiert"
Warum er selbst in Rage und Wut geraten sei, wisse er nicht, so der Angeklagte. Er habe seinen Freund weder verletzten noch töten wollen. "Ich weiß nicht, wie es passiert ist", verwies der Mann auf "Erinnerungslücken" wegen seines Drogen- und Alkoholkonsums. "Im Normalzustand wäre es sicher nicht passiert." Ein Motiv nannte er nicht.
Das Opfer wies fünf Stichverletzungen im Oberkörper auf, davon eine Stichverletzung im Rücken. "Der Mann verblutete", sagte die Staatsanwältin. Der Angeklagte gestand ein, dass er dem Freund auch Hiebe mit einem Akkuschrauber versetzt hat. Er selbst hatte eine Stichwunde an seiner Lippe. Heute sagte er dazu, dass sein Freund ihm die Wunde zugefügt habe. In seiner ersten polizeilichen Einvernahme erklärte er, dass sich der 33-Jährige selbst etwas antun habe wollen und er ihn davon abhalten wollte.
DNA auf der Klinge gefunden
Der Angeklagte hatte nach der Tat per Notruf die Einsatzkräfte alarmiert. Weil seine Angaben nicht mit der Situation am Tatort übereinstimmten, wurde er wegen Mordverdachtes festgenommen. Die Beamten stellten ein Messer in der Garconniere sicher. Die DNA des Beschuldigten wurde auf der Klinge und auf dem Griff des Messers und auch auf dem Akkuschrauber nachgewiesen.
Nachdem der 34-Jährige im Prozess geäußert hatte, "warum soll ich sagen, dass ich schuld bin, wenn ich ihn nicht töten wollte", gab die vorsitzende Richterin zu bedenken, dass dies kein Geständnis sei. Nach einer rund 15 Minuten dauernden Rücksprache mit seinem Verteidiger Kurt Jelinek sagte dieser: "Er bekennt sich schuldig. Er bedauert, dass es passiert ist. Er hat es nicht geplant. Es hat sich situativ entwickelt."
Urteil noch nicht rechtskräftig
Der Angeklagte selbst ergänzte, dass er sich "vom ganzen Herzen" bei der Mutter des Opfers entschuldige. Anschließend nahm er seine Verteidigungsrechte wahr und machte keine Angaben mehr. Zuvor hatte er noch von seiner schweren Kindheit erzählt, er sprach von Gewalt in seiner türkischstämmigen Familie. Als Zwölfjähriger habe er erstmals einen Joint geraucht, als 16-Jähriger Kokain erstmals genommen. "Ich war nicht stark genug, um von der Drogensucht wegzukommen." Die Richterin hatte zu Prozessbeginn auch die psychiatrische Vorgeschichte des 34-Jährigen und seine neun Vorstrafen erwähnt.
Das Urteil ist deshalb nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwältin keine Erklärung dazu abgegeben hat. Der Verteidiger verzichtete auf Rechtsmittel. Der vom Opferanwalt Stefan Rieder vertretenen Mutter des Verstorbenen und vier weiteren Angehörigen wurden je 40.000 Euro Teilschmerzensgeld zugesprochen.