Die während der Coronapandemie in die Negativschlagzeilen geratene Tiroler Wintersportmetropole Ischgl hat offenbar zumindest werbetechnisch keinen längerfristigen Schaden erlitten. "Wir haben den Wert untersuchen lassen. Wir hätten über zwei Milliarden Euro aufwenden müssen, wenn wir so oft in den Zeitungen hätten sein wollen. Im Nachhinein ist es egal, dass die Berichterstattung negativ war", sagte TVB-Obmann Alexander von der Thannen der "Tiroler Tageszeitung".
Der Nutzen der Corona-Berichterstattung sei im Nachhinein gesehen größer gewesen als der Schaden, so von der Thannen im Rahmen einer Reportage der TT vor Ort. Zur Untermauerung, dass Corona in puncto Bekanntheit und Image nicht abträglich für Ischgl war, hatte der Tourismusverbandsobmann ein weiteres Argument parat: "Mit der Marke Ischgl hat man daraus ein bisschen Kapital schlagen können. Jene 20 Prozent der Europäer, die uns bisher nicht gekannt haben, die kennen uns jetzt." Werbe-Investitionen von zwei Milliarden Euro – das könne sich nicht einmal Ischgl leisten, wurde von der Thannen zitiert und sprach von einer "perfekten Buchungslage "in der nunmehrigen ersten Saison ohne jede Coronaeinschränkung: "Wenn der Putin nicht komplett durchdreht, wird es ein Rekordjahr."
"Exzesse" sind zurück
Ansonsten brachte der Bericht zutage, dass in Ischgl – wie auch anderswo – wieder "business as usual" herrscht, das zwischenzeitlich verdammte Après-Ski inklusive. Auch "Exzesse" seien mitunter wieder zurückgekehrt. Letztere ärgern Hotelier Alfons Parth: "Es ist ärger geworden, es ist schlimmer, es ist lauter als früher. So ehrlich müssen wir sein." Das gehöre "massiv eingeschränkt". Auch Silvrettaseilbahn-AG-Vorstand Günther Zangerl sprach sich dafür aus, noch mehr gegenzusteuern.
Von der Thannen verwies indes darauf, dass man mit dem Skischuh- und Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen bereits Maßnahmen gegen Auswüchse ergriffen habe. Hier müsse man noch an einigen Stellschrauben drehen. Aber er betonte: "Es wird den Wintertourismus ohne Après-Ski nicht geben." Schließlich werde auch in allen europäischen Städten wieder Fasching und dergleichen gefeiert. Und darüber hinaus sei das Ganze so weit gerichtlich aufgearbeitet worden, "dass inzwischen sogar der Dümmste kapiert hat, dass da wer anderer schuld ist". In eine ähnliche Kerbe schlug Seilbahn-Chef Zangerl: "Ich glaube, dass wir uns da im Nachhinein nichts vorwerfen müssen."
Zivilverfahren anhängig
Der Ort im Paznauntal hatte im Zuge der Pandemie lange die Schlagzeilen "mitbeherrscht". In Ischgl war es zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus gekommen. Den Behörden war vorgeworfen worden, zu spät und nicht umfassend genug reagiert zu haben. Ein Expertenbericht sah letztlich kein Versagen, aber Fehleinschätzungen der Behörden. Druck aus der Tourismuswirtschaft auf Entscheidungsträger wurde nicht festgestellt.