Heute beginnt im ganzen Land die Sternsingeraktion 2023. Tausende von Kilometern legen Kinder und Jugendliche zurück, um für Projekte zu sammeln, die in Armutsregionen der Welt umgesetzt werden.

Heuer stehen die Hirtenvölker im Norden Kenias im Vordergrund, die eine Lebensweise pflegen, die sich dramatisch von unserer unterscheidet.

Typisch dafür sind die Verhältnisse in Barsaloi, einer großen Region mit einzelnen Stämmen und Clans von Hirtenvölkern. Es sind verschiedene Völker, die man bei uns quasi als Massai kennt (obwohl sie sich selbst anders bezeichnen). Im Mittelpunkt steht eine Art Kriegerkaste von jungen Männern: „Alles ist hier in Generationen organisiert. Die Menschen wissen nicht unbedingt, in welchem Jahr sie geboren wurden. Aber sie wissen genau, zu welcher Generation sie gehören“, beschreibt es Pater Guillermo Alvarez (41), allgemein unter „Memo“ bekannt, der die Missionsstation in Barsaloi leitet.

Ausgangspunkt ist das Initiationsritual, mit dem junge Burschen zu „Kriegern“ werden. Dieses Ritual findet nur alle 10 bis 15 Jahre statt, und alle Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 25, die bislang noch nicht daran teilgenommen haben, werden von den Ältesten dazu bestimmt.

Nach der Beschneidungs-Zeremonie sind sie Krieger und leben mehr oder minder getrennt vom Rest des Stammes. Sie bewohnen eigene Hütten und essen getrennt von den Müttern und Frauen. Jede Generation erhält einen eigenen Namen und jeder Mann fühlt sich dieser Generation ein Leben lang speziell zugehörig. Erst nach Ablauf der Kriegerzeit – wenn die nächste Generation übernimmt – dürfen und müssen die Männer heiraten und Familien gründen.

Die Krieger sind für Schutz und Verteidigung zuständig. Bedroht sind das Vieh (der einzige Besitz der Menschen) und die Siedlungen selbst, die aus einfachen Holzhütten bestehen. In (Wasser-)Notzeiten artet dies zu Kämpfen mit anderen Stämmen aus. Es gibt Tote, und heute wird natürlich nicht mehr mit Messer und Lanze, sondern mit Gewehr und Maschinenpistole gekämpft. Die Regierung ist weit weg und desinteressiert, eine Polizei in unserem Sinn existiert praktisch nicht.

Die nächste Generation will mehr

Doch das Kriegermodell stößt heute zunehmend an seine Grenzen. Viele Jugendliche wollen sich nicht mehr der Gefahr aussetzen. Sie wollen etwas lernen, vielleicht eine Karriere machen. Mit simplen billigen Solaranlagen und Funkmasten hat auch längst das Handy die Hirtenvölker eingeholt und verspricht ein anderes Leben.

„Wir bemühen uns, den jungen Menschen zu erklären, dass es auch andere Möglichkeiten als Kampf gibt“, berichtet „Memo“. Immer wieder muss er nämlich Verletzte in die nächste Stadt führen. Auf vielen Ebenen wird versucht, Unterstützung zu geben. Es gibt Friedensgespräche zwischen den Stämmen, dabei ist auch die Regierung eingebunden. Mit Freundschafts-Fußballspielen werden die Krieger der Stämme zusammengeführt. Berufsperspektiven werden geboten, und Pläne der jungen Menschen unterstützt.

„Wir wollen unter den Menschen leben und Hilfe anbieten und als Advokat für Gerechtigkeit auftreten, aber ihnen keine andere Kultur aufzwingen. Wir sehen aber, dass sich ihre Kultur langsam wandelt.“

Hilfe wird überall benötigt: Sei es, um das ständige Wasserproblem zu lösen (das zu Konflikten führt), um die Bildung anzuheben, um neue, ungewohnte Formen der Landwirtschaft einzuführen. Eine große Rolle beginnt mittlerweile das Handy und das Internet zu spielen, und „Memo“ hat eine Vision: „Ab dem nächsten Jahr will ich mit Freiwilligen aus Europa und den USA Fernunterricht bei uns anbieten.“